Dienstag, 31. Januar 2023

# 002 Intel-Schlagzeilen Januar 2023 in der Volksstimme


  • Die Ansiedlung von Intel bedeutet für Magdeburg ... große Chancen und Herausforderungen in allen Bereichen der Stadtentwicklung, vor allem aber einen deutlichen Imagegewinn für unsere Stadt.
  • Intel: Baustraßen werden errichtet
  • Archäologische Arbeiten auf dem Intel-Gelände beginnen
  • Bund lehnt höhere Intel-Subvention ab
  • Ende der Chipkrise erwartet. Droht nach Mangel bald ein Überangebot?
  • Die Ansiedlung von Intel bedeutet für Magdeburg ... eine einmalige Chance, die Einwohnerzahl unserer Stadt auf über 300.000 zu bringen.
  • Wirtschaftsminister glaubt weiter fest an Intel
  • Ein Projekt kommt nie so raus, wie es in die Planung gegangen ist.
  • Chancen und Probleme durch Intel? Wirtschaftsbeirat diskutiert
  • Magdeburg als Vorbild für Deutschland
  • Unkomplizierte Lösung gesucht
  • So geht es mit dem Intel-Pakt weiter Magdeburg
  • Intel-Ansiedlung: Linke kritisiert „Informationschaos“
  • Neustart für Ausbildung in Zukunftstechnologien
  • Intel auf Torte auf der Grünenwoche
  • Bald mehr Englisch auf dem Amt?
  • Neues Wohngebiet für Lemsdorf. Auf halber Strecke zwischen dem künftigen Intel-Werk und der Innenstadt sollen Eigenheime entstehen
  • Chip-Gesetz soll bis März unter Dach und Fach sein
  • Landtagsjuristen kritisieren „Lex Intel“
  • Wie Minister Intel bei Fachkräften helfen will
  • Rückgänge im PC-Geschäft belasten US-Chiphersteller. Intel rutscht in die Verlustzone
  • Intel: Wie die Landung auf dem Mond
  • Intel muss umsteuern
  • FDP spricht sich auf Parteitag für künstliche Intelligenz in Behörden, Innenstadtbelebung und Intel-Ansiedlung aus
  • Intel ist Thema bei Bürgerverein Ottersleben 

Montag, 30. Januar 2023

# 003 Zeit-Mühlen der Ebene - Januar 2023

Spurensuche in horizontaler Umgebung: Mit dem Zug am letzten Januartag 2023 von Magdeburg nach Quedlinburg. Hier wurde schon 1843 Transformationsgeschichte geschrieben, als entscheidungs- und risikofreudige Unternehmer, von Frauen ist in den Annalen nichts zu finden, in eine der ersten Bahnstrecke in Deutschland investierten. Zwischen den Bahnstationen Osterweddingen und Langenweddingen tangiert die Bahnstrecke südlich fast das Intel-Gelände. Die Bewohner im Umland, gerade in dieser Richtung, machen sich, wie man in der Zeitung lesen kann, große Hoffnungen auf eine prosperierende Wirtschaft.

Der Zug passiert auf die Minute pünktlich die für mich meist unbekannten Stationen. Entlang dieses Eisenweges passiere ich Wandlungen der letzten 180 Jahre: Von der bäuerlichen Landwirtschaft über LPGs zur Agrarindustrie, von der Nahversorgung zur industriellen Lebensmittelproduktion, von 100% Preußen, ab 1871 zum Deutschen Reiches gehörig, um über die DDR-Epoche zum heutigen politisch-wirtschaftlichen Zustand zu gelangen. Nicht zu vergessen die Wandlungen der „juristischen Person“, der Eisenbahngesellschaft selbst, die anfangs privatwirtschaftliche „Magdeburger-Halberstädter Eisenbahngesellschaft“ wurde die staatliche „Königliche Eisenbahndirektion Magdeburg“, um nach der „Deutschen Reichsbahn“ zur heutigen „Deutschen Bundesbahn“ zu mutieren. Zwischendurch die Trennung von Bahnnetz und -betrieb, so dass heute hier auch wieder eine privatwirtschaftliche Bahngesellschaft, letztlich ein niederländischer Konzern, Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH, die Gleise für die Personenbeförderung nutzt.

Dass Transformation nicht nur rechts der eingleisigen Strecke, wo der Zug das Magdeburger Stadtgebiet verlässt, eine Rolle spielen wird, sondern dass diese seit 180 Jahren in verschiedener Weise ein auf und ab erlebt hat, davon legen die durchfahrenen, meist über 1000 Jahre alten Orte Zeugnis ab, wie mir mein Smartphone auf Anfrage verrät:

Osterweddingen: Ein großes Industriegebiet mit Logistikzentren sowie moderner Flachglas- und Pharmafertigung, heißt es da.

Langenweddingen: Da war ich neulich mit dem Rad. Hier halten fahrplanmäßig nicht alle Züge. Am Bahnübergang kam es im Juli 1967 zum schwersten Zugunglück der DDR.


Blumenberg: Hier hält kein Zug mehr, doch war der Ort zur DDR-Zeit ein wichtiger Umsteigebahnhof von und nach Staßfurt, Eilsleben und Schönebeck an der Elbe.  

Hadmersleben: Archäologen haben hier ein Hügelgrab, datiert auf 3000 vor Christus, entdeckt. Einmalig in der Kunstgeschichte ist, dass eine Frau, Gertrud Gröninger, 1694 hier 17 Altarfiguren schnitzte. Johann Joachim Winckelmann, „Begründer“ des Klassizismus und der modernen Archäologie, arbeitete im Ort als Hauslehrer, bevor er Präfekt der Altertümer in Rom wurde. Bis zu den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden hier moderne Zucker- und Malzfabriken, eine Brennerei und bis zum Ende DDR wurde das UNION-Bier in Hadmersleben gebraut. Gegen Ende des 2. Weltkrieges gab es auch eine Flugzeugfabrik mit einem Außenlager des KZ Buchenwald.

Oschersleben: Der Eisenbahnbetrieb brachte hier schon früh viele Menschen zu Lohn und Brot. Auf dem ehemaligen Gelände des Flugzeugwerkes ist heute ein großes Motorsportzentrum und im Traditionsunternehmen BODETA werden heute noch innovative Süßigkeiten mit und ohne Zucker hergestellt, neben 140.000 Tonnen gefrosteter Pommes frites pro Jahr bei AGRARFROST.

Die Menschen in der Börde kennen Transformation. Ich lege mein Smartphone wieder aus der Hand.

In Nienhagen bei Halberstadt ein kurzer Stopp. Hier wirkt alles, insbesondere das Bahnhofsgebäude, trost- und mutlos. Selbst eine verrußte Dampflock der hier manchmal vorbeikommenden Museumsbahn würde dagegen noch glänzen. Oder ist das hier ein Kulminationspunkt der Hoffnungen im Dornröschenschlaf? Es ist jetzt eine Nebenstrecke, nicht für schwere Güterzüge geeignet. Zu Schwerindustriezeiten ging die „Kanonenbahn“ von Magdeburg entgegengesetzt in Richtung Berlin. Die Strecke Magdeburg-Quedlinburg war vor allem eine Verkehrsader für hier hergestellte Güter und für die viele Menschen auch auf dem Arbeitsweg zum SKET.

Weiter in Richtung Quedlinburg. Immer wieder freie Flächen, die aber, verglichen mit dem riesigen Areal für die neue Intel-Ansiedlung, klein wirken und nicht so eben sind. Vielleicht Raum für zukünftige kleinere Firmen, Zulieferer oder günstige Schlafstätten?

Die Landschaft zieht weiter vorbei, ich bin in Gedanken wieder auf dem Acker: Intel statt Dinkel. Entstehen hier neuzeitliche Pfahlbauten, Fabriken neuer Technologie, die bislang hier nicht angesiedelt waren, aber aus strategisch-wirtschaftlichen Erwägungen genau hier aufgebaut werden sollen? Ähnlich der Motivation, die die Erbauer von vorgeschichtlichen Pfahlbauten in seichten Gewässern hatten, weil es strategisch günstig war?

Halberstadt: Was werden die Archäologen im Jahr 2640, wenn das hier gerade laufende Orgelstück ORGAN²/ASLSP von John Cage nach 639 Jahren Spielzeit beendet sein wird, noch vorfinden? Werden sie lächeln über den festen Glauben der damaligen Menschen, mit Technologie, mit Mikroelektronik und KI alles zum Guten wenden zu können? Werden sie den Kopf schütteln über die vermeintliche Primitivität der zwei Nano-Chip-Technologie, auf die wir jetzt so stolz sind? Vielleicht werden sie in dem mit Gras überwucherten Intel-Acker, wo sich wieder eine Humusschicht gebildet hat, andere, tiefere Einschnitte von den Beton-Gründungspfählen des Fundamentes der ehemaligen Chip-Fabrik in dem hellen Untergrundsand entdecken und über deren Bedeutung rätseln, weil es keine schriftlichen Dokumente aus dieser Zeit gibt?

Vor Quedlinburg kurzer Stopp in Ditfurt, wo das Parallelgleis schon mit abgestorbenem Gras, Gestrüpp und kleinen Bäumchen eine Symbiose eingegangen ist. Die Schienen werden verrosten, darüber wird sich auch eine Humusschicht bis 2640 bilden. Archäologen werden dann beweisen, dass es hier ein Parallelgleis gegeben haben muss.

Sie werden vielleicht über zwei mögliche Typen der damaligen Gesellschaft spekulieren, die Zweifler und die Fatalisten, oder in Zusammenarbeit mit Psychologen, einen gewandelten Archetyp, den „Transformisten“ definieren, werden Thesen aufstellen, wie die damals „getickt“ haben könnten. Also, wie wir heute denken. Transformisten gibt es ja wirklich: https://detransformisten.be/ und werden gesucht. 

Ich suche nach alten Zeiten.