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Sonntag, 31. März 2024

# 047 - Bauernregeln und KI – Im Märzen der Chip-Bauer den Spatenstich einplant … zu Basilius?

Transformation – der erste Schritt wird sichtbar

„Wie man so hört“, sagt man, soll der erste Spatenstich auf dem Bördeacker für die Intel-Ansiedlung in einigen Monaten mit einem großen Event zelebriert werden. So steht auf diesem Stück Land der nächste, erstmals klar sichtbare Transformationsschritt bevor.

Magdeburg, „Stadt der Verwaltung und Wissenschaft“, erweitert sich auf dem Bördeacker zu einem großen Hightech-Produktionsstandort. So verdrängt dort künftig der KI-Protagonist Intel die heutige Agrarindustrie, wo bis vor siebzig, achtzig Jahren die Bauern in kleinteiliger Landwirtschaft noch nach Bauernregeln und dem Hundertjährigen-Kalender gelebt haben.

Symbolbild Spatenstich - Bild: Herbert Beesten und KI 

Bauernregeln und KI – geht das zusammen?

Die Bauernregeln für das Wetter, von dem die Landwirtschaft besonders abhängig war, basieren auf Beobachtungen über viele Generationen hinweg. Im März, dem Übergang vom Winter in die Vegetationsphase, in die Zeit des Säens, weisen erfahrungsgemäß bestimmte Wetterphänomene auf die Wetter- und Klimabedingungen bis in den Herbst, die Erntezeit, hin.

Für Wetterprognosen wird in Forschungsprojekten auch mit KI experimentiert. Beide, KI und die Bauernregeln, basieren auf vielen Informationen. In einem Fall auf jahrhundertlanger Beobachtung der bäuerlichen Landbevölkerung, im anderen auf Hunderten, vielleicht auch auf Tausenden Gigabyte Daten aus Wetter- und Klimamodellen. Das eine basiert auf neuronalen Netzen im menschlichen Gehirn, das andere auf künstlichen, mit Software nachempfundenen neuronalen Netzen.

Was liegt also näher, als mit Bauernregeln auf das bislang landwirtschaftlich, aber zukünftig von einem der weltweit größten KI-Protagonisten genutzte Areal zu schauen und auch Bauernregeln einem Transformationsprozess zu unterziehen?

Damit man früher die Wetterbeobachtung an bestimmten „Stichtagen“ nicht verpasste, wurden Namenstage – also Tage im kirchlichen Kalender, an denen bestimmte Heilige besonders verehrt wurden – als „Trigger“ verwendet. Man brachte die Namen der Heiligen oft in Reimform mit den Wetterereignissen zusammen. So konnte man sie sich besser einprägen.

 

März-Events und Weichenstellung

So habe ich meine Märzbeobachtungen in Sachen Intel, anders als in meinem Beitrag aus dem März 2023 (Aufwärtskompatibel? Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 008 Im Märzen der Bauer … ein Fließtext aus 2023 (herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com),  mit Bauernregeln zusammenzubringen versucht , um daraus eine Prognose für den weiteren Verlauf der Intel-Ansiedlung abzuleiten.

Am 13. März 2024 fand der „Zukunftstag BVMW“, also des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft, in der Magdeburger Johannis-Kirche statt. Ein Bekannter, der daran teilgenommen hat, berichtete mir:

Bild: BVMW - LinkedIn-Seite

Es wurde diskutiert, inwieweit die mittelständische Wirtschaft in der Magdeburger Region vor allem bei der Fachkräftebeschaffung gegenüber Intel das Nachsehen haben könnte. Der Vorsitzende des BVMW, Christoph Ahlhaus, die Magdeburger Wirtschaftsbeigeordnete Sandra-Yvonne Stieger und der Direktor der Arbeitsagentur Magdeburg, Matthias Kaschte, zeigten Perspektiven auf, wie Fachkräftebeschaffung nebeneinander möglich sein kann, wobei sie auch unabhängig von der Intel-Ansiedlung schwieriger werden wird. Es wird ein stärkerer Wettbewerb um Fachkräfte entstehen, dem sich auch die mittelständische Wirtschaft stellen muss. Es wurde deutlich, dass Intel überregional und international Ausschau hält. Unter Bauern könnte man sagen: „Das Gras beim Nachbarn ist immer grüner.“

Vom 11. bis zum 15. März veranstaltete die Microtec Academy in der Handwerkskammer Magdeburg das Seminarprogramm „Einführung in die Fertigungs- und Prozesstechnologien der Halbleitertechnik“. Das war zugleich die Einstiegsveranstaltung der Uni Magdeburg in die überregionale und überbetriebliche Berufsbildungsakademie, speziell für die Mikro- und Nanotechnologien. Ich konnte am 14. März einen interessanten, auf Deutsch gehaltenen Vortrag, der Intel-Mitarbeiter Werner Ertle und Peter Baumgartner mit dem Titel „The world of semiconductor“ verfolgen. Die Überschrift hörte sich zwar allgemein an, es war aber keine Marketingveranstaltung, sondern es wurden realistisch (man war unter Fachleuten) viele Details erläutert, und man verwies auf die hohen Ansprüche, Möglichkeiten, aber auch Grenzen und Probleme der Halbleiterfertigung. Zum Teil auch mit Bezug auf die Pläne für Magdeburg. Natürlich wurde das Moore’sche Gesetz als „Chip-Bauer-Regel“ zitiert, aber Gordon Moore (noch) nicht in den Himmel gehoben.

In der Pause traf ich Giulia Bolognesi (Aufwärtskompatibel? Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 043 Giulia und Latte macchiato am Hassel, EDTA bei Intel (herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com) und auch Jörg Vierhaus (Aufwärtskompatibel? Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 026 Artikel über Partikel aus der Grauzone im September 2023 (herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com) wieder.

Beim Lunch am Stehtisch waren, neben Peter Baumgartner von Intel, ein weiterer Referent des Seminars, Gerfried Zwicker, vom Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe, sowie zwei junge Frauen aus süddeutschen Chip-Zulieferbetrieben meine Gesprächspartner. Meine spontane Frage an eine der jungen Damen, ob sie sich demnächst einen Job bei Intel in Magdeburg vorstellen könnte, beantwortet sie freiweg mit: „Auf jeden Fall!“ Gerfried Zwicker konnte ich mit der Vermittlung eines Kontaktes zu einer Human-Resources-Ansprechpartnerin bei Intel helfen, weil er einen taiwanesischen Doktoranden betreut, der einen Job in der Halbleiterindustrie sucht. Ich wies auch auf die aktuellen und sich in letzter Zeit häufenden Stellenanzeigen bei LinkedIn und XING hin, mit denen Intel Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weltweit schon jetzt für den Standort Magdeburg gesucht werden. Die strategische Personalsuche für Magdeburg setzt bei Intel also schon frühzeitig ein.

Die Bauernregel am 15. März, am Ende der Veranstaltung: „Lukretia feucht, Kornsäcke leicht.“ Da das Wetter an diesem Tag sonnig und trocken war, müssten also perspektivisch die Säcke der Chip-Bauer schwer werden.

Am 22. April 2024 endet*) die öffentliche Auslege- und Einspruchsfrist zum Intel-Bauvorhaben „Errichtung einer Halbleiterfabrik“. Für den 21. März lautet die Bauernregel: „Soll das Korn gar üppig stehen, soll man es an St. Benedikt säen.“ Dann schauen wir doch mal, wie die Saat am 29. Mai 2024 bei der öffentlichen Verhandlung von Einsprüchen in der Magdeburger Johannis-Kirche aufgeht. Auch hier hilft eine Bauernregel: „Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun und Fass.“ Ja, Wasser ist wichtig!

Eine Regel für den Chip-Bauer könnte heißen: „Sind der Einsprüche nicht zu viel, so ist dann Intel bald am Ziel.“

Am 25. März 2024 fand im Rahmen der Vortragsreihe „Wissenschaft im Rathaus" die Veranstaltung „Intel und die Magdeburger Hochschullandschaft“ statt.
Tino Grosche moderierte ein Gespräch mit der Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal, Prof. Dr. Manuela Schwartz, und dem Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Prof. Dr.-Ing. Jens Strackeljan. Die Veranstaltung war gut besucht, 80 bis 90 Personen, und wenn ich mich umschaute, war es eine bunte „Besuchermischung“. Es gab eine Menge Fragen aus dem Publikum. Es überraschte nicht, dass der Rektor und die Rektorin die Ansiedlung insgesamt positiv sehen und davon ausgehen, dass alles glatt läuft. Die Rekrutierung von qualifiziertem Personal wird als die größte Herausforderung gesehen, die die Hochschulen nicht allein bewältigen können. Meine Frage, wie die notwendige Transformationsfähigkeit der Magdeburger gesehen wird, wurde von der Rektorin sinngemäß so beantwortet: Das könnte in zwei Phasen geschehen. Einmal durch Toleranz und Verständnis bei der unmittelbar anstehenden Errichtung der Fabriken mit Baustellen und Verkehr sowie Angebote an das internationale Baustellenpersonal. Zum anderen, in der zweiten Phase, wenn die Fabrik steht, mit der notwendigen Entwicklung einer internationalen Willkommenskultur. Zugleich wurde klar, dass die Hochschulen von Intel „nichts geschenkt bekommen“, dass also Gegenleistungen erwartet werden. Die Investition in die Ausbildung von Mikrotechnologen, z. B. für das Lehrpersonal, auch viele Millionen Euro für Gebäude mit einem großen Reinraum, muss wesentlich von der Uni, sprich aus den Landeskassen von Sachsen-Anhalt erbracht werden.

„Kann das Projekt noch scheitern?“, fragte eine ältere Dame aus dem Publikum. Wenn das geschähe, dann wäre Magdeburg als großer Industrieproduktionsstandort auf Jahrzehnte „verbrannt“. Von der Erwartung, dass Magdeburg einmal 300.000 Einwohner haben könnte, müsste man sich dann verabschieden, meinte der Rektor.  

Die Bauernregel für diesen hellen und klaren 25. März klingt für das Intel-Projekt hoffnungsvoll: „Mariä Verkündigung hell und klar, ist ein Segen fürs ganze Jahr.“ Also schließen wir uns den optimistischen Äußerungen der beiden Hochschulvertreter an, die sie am Anfang der Veranstaltung äußerten.


Welches Werkzeug ist das richtige für den ersten Spatenstich?

Der erste Spatenstich für die Intel-Ansiedlung sollte natürlich stilvoll, dem Bördeacker angemessen, mit einem Rübenspaten oder. einem Rübenheber vollzogen werden. Das ist ein spezielles Werkzeug, mit dem früher die Bauern in der Börde die Zuckerrüben einzeln aus dem Boden heben konnte. Diese Werkzeuge gab es für Rechts-, Links- oder Beidfüßler, so dass sich die Politiker und Politikerinnen die richtigen Rübenspaten entsprechend ihren politischen Orientierungen aussuchen könnten.

Rübenspaten und Rübenheber - www.alltagskulturen.lvr.de 

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den ersten Spatenstich?

Mit meiner Chip-Bauer-Regel nach vorn schauen: „Sind Magdeburg und Umland im April und Mai sich einig, wird der Weg zur Silicon-Börde nicht weit, nicht steinig.“

Nach den eingereichten, öffentlichen Unterlagen für die Teilgenehmigung soll ab dem 1. Juni der Bau beginnen, also ist im Juni der offizielle „Erste Spatenstich“ zu erwarten. Aber an welchem Tag? Welche Bauernregel sollte zur Anwendung kommen, um der Sache einen gesegneten Verlauf zu verschaffen?  

Die Lösung in zwei Schritten: Mittels KI sollte eine Wetterprognose für den Juni erstellt werden und in einem zweiten Schritt sollte das mit Bauernregeln korreliert werden.

Alte Bauernregeln für den Juni

·         13. Juni: „Wenn an St. Anton gut Wetter lacht, St. Peter viel Wasser macht."

·         15. Juni: „Hat St. Veit starken Regen, bringt er unermesslichen Segen.“

·         20. Juni: „Hat Margarete keinen Sonnenschein, dann kommt das Heu nie trocken ein.“

·         24. Juni: „Regnet es am Johannistag, regnet es noch 14 Tag."

·         29. Juni: „Peter und Paul hell und klar, bringt ein gutes Jahr.“

 

Ein guter Zeitpunkt wäre zwischen St. Anton und St. Veit, also der 14. Juni, der „Basilius-Tag“, weil sowohl bei lachender Sonne am 13. Juni als auch bei Regenwetter am 15. Juni die Auswirkungen in den Bauernregeln jeweils positiv beschrieben werden. Außerdem hat einer der voraussichtlichen Spatenstecher, Kanzler Olaf Scholz, am 14. Juni Geburtstag, Intel-CEO Pat Gelsinger, dessen zweiter Vorname Paul ist, der am 13. Juni gefeiert wird. Das alles könnte man mit „Reiner“ kombinieren, dem Namenstag unseres Ministerpräsidenten am 17. Juni.

St.Basilius - Bild: Wikipedia

Basilius (330 - 379) auch „der Königliche oder der Große“ genannt, ist ein wichtiger Heiliger und hat auch zu seiner Zeit Transformationsprozesse vorangetrieben (siehe auch Basilius der Große – Wikipedia). Damit ist er ein guter Patron für diesen Tag.

 

Neue Chip-Bauer-Regeln zum Basilius-Tag

Alles konzentriert sich auf die Zeit um den Basilius-Tag, also den 14. Juni. So möchte ich, damit alles gut läuft, für diesen Tag einige neue innovative Chip-Bauern-Regeln zur Auswahl stellen:

·         Regnet‘s auf Basilius, wird‘s für den Chip-Bauer ein Genuss.

·         Ist‘s Wetter auch beim Spatenstich rau, stört‘s nicht den Semiconductor-Bau.

·         Scheint zu Basilius die Sonne auf den Spaten, kann der Chip-Bauer durchstarten.

·         Bringt zu Basilius Olaf Millionius zum Pat-Paulinius,

Bördebezwinger Gelsinger, wird zum Chip-Fab-Bringer.

·         Der Landesvater Reiner, präsidial wie keiner

hält Reden, groß wie Basilius,

schippt Bördeboden, mit Genuss,

lässt sich loben, preisen, schlägt im Boden Schneisen.

·         Erster Spatenstich bei Strich-Regen? Werter Basilius, bring trotzdem Chip-Segen!

Vielleicht wird noch später im Hundertjährigen Intel-Kalender der Spatenstichtag nur rot angestrichen? Denn bis zu einem St.-Gelsinger-Day oder einen St.-Simone- oder gar einem St. Olaf-Tag – das ist ein weiter und harter Weg. Und wer will in Zeiten des Klimawandels schon wetterprognostische Regeln aufstellen?

Obwohl… wenn das von Pat Gelsinger formulierte Ziel, dass die Intel Corporation weltverändernde Technologien entwickelt, um das Leben aller Menschen auf dem Planeten zu verbessern, erreicht wird, dann wird er sich der Aufnahme in höhere Sphären wohl kaum entziehen können.

*) Am 6.4.24 korrigiert: Irrtümlich stand hier der 22. März 2024

Sonntag, 31. Dezember 2023

# 034 Die Bescherung im Dezember 2023 ‒ Jahresrück- und Ausblick

Buckauer Lametta

Seit einem Jahr betreibe ich den Blog „Aufwärtskompatibel? Neue Industriekultur in Magdeburg!" Der Blog sei etwas unorthodox, meinten einige Leser. Wegen der technisch ungewohnten Umsetzung als Web-Seite mit PDF-Dokumenten? Oder war es wegen der unterschiedlichen Formen und Inhalte?

Die technische Umsetzung in einen „klassischen“ Blog, der aufgeräumter, strukturierter ist und übliche praktische Blog-Funktionen aufweist, habe ich nun zum Jahresende umgesetzt, er ist unter dem Link  https://herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com/ ab sofort zu erreichen. Parallel werde ich den Blog aber auch auf der Webseite http://herbertbeesten.de/Magdeburger-Industriekultur-Transformation.htm für diejenigen fortführen, die Bedenken gegen Google-basierte Anwendungen haben. Inhaltlich soll es so abwechslungsreich wie bislang bleiben. Neben eher journalistisch geprägten Beiträgen reizt es mich weiter, verschiedene literarische Genres, wie Storytelling, Parabel, Satire etc. zu bedienen und das Blog-Thema aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten. Mal laut und penetrant, dann zurückhaltend abwägend. Humor, Ironie und Fantasie, gepaart mit technisch-sachlichen Hintergründen, sollen weiterhin das Profil prägen. Das hört sich doch gut an, oder? Der mündige Leser oder die gleichfalls mündige Leserin wird entscheiden können, was ernsthaft gemeint, was Vision ist oder was meiner Fantasie entspringt.  

Die Ausgangsfrage - Die Wunschlisten

Aufwärtskompatibel bedeutet zum Beispiel in der IT-Branche, dass bei der Weiterentwicklung von Software das Programm auch noch mit alten Daten und Projekten funktioniert und zugleich neue Funktionen und Möglichkeiten bereithält. Kennen Sie das Gefühl, wenn es nach einem Update plötzlich nicht so ist? Dieses Gefühl sollte die Magdeburger nach der Intel-Ansiedlung möglichst nicht beschleichen.

Rückwärts- oder Abwärtskompatibilität gibt es zwar auch, allerdings scheint aus meiner Sicht die anstehende Vorwärtsentwicklung in Magdeburg unumkehrbar zu sein, wenn man der in Magdeburg stark vertretenden Intel-Protagonisten-Fraktion glaubt. Ich werde weiter beobachten, was da wie passiert und zu antizipieren versuchen, wohin die Reise der Magdeburger gehen kann. Neben den Chip-Fabs stehen zum Beispiel Sport-, Sozial- und Kultursponsoring durch Intel auf der Magdeburger Wunschliste, wie auch innerstädtische ÖPNV-Verbesserungen bis zum Autobahnring um Magdeburg samt weiterer Elb-Querung.

 

Ahnungen im bisherigen Blog 2023

Ich bin kein Prophet. Aber durch meine Nähe zum Thema keimt schon etwas früher die eine oder andere Vorahnung auf. So war schon im März-Blog nachzulesen, dass die Einrichtung eines weiteren Wasserwerkes an der Elbe wahrscheinlich ist. Im August wurde schon fiktiv auf den Einstieg von Intel beim FCM zurückgeblickt. Mit der „Intel-Mania“ im April satirisch-fiktional aufgedeckt, dass sich möglicherweise eine Undercover-Intel-Lobby-Group gebildet hat. Im September gab es so Nützliches wie einen kleinen Crash-Kurs über Halbleitertechnik im Uni-Reinraum. Meine Mahnung, dass man sich auch mit der Technik selbst auseinandersetzten muss, wenn man mitreden will, war hoffentlich nicht zu oberlehrerhaft. Die literarischen Storys über den Temponauten Kalle im Januar und den Schwermaschinenbau-Ingenieur Hermann zeigten im August, wie es um die Aufwärtskompatibilität der älteren Generation steht.

Meine Mai-Idee, das Resümee meiner Teilnahme an Versammlungen zum Thema Intel in Oschersleben und Wanzleben in Form einer gestörten Funkverbindung darzustellen, sehe ich im Nachhinein als Prophezeiung der schwieriger werdenden Kommunikation der beteiligten Gemeinden mit Magdeburg, die später im November/Dezember offen zutage trat.

 

Über den Tellerrand

Bei einem so großen internationalen Projekt – hier soll immerhin eine Gesamtsumme investiert werden, die größer ist als alle 33 Magdeburger Stadthaushalte zusammen seit der Wiedervereinigung – war es mir wichtig, mich auch überregional umzuschauen. So konnte ich im Februar über meine Münchener Chip-Visite aus dem Dunstkreis der Intel-Deutschland Zentrale berichten, im Juli beschreiben, was den amerikanischen Journalisten Sam Gurwitt an dem Intel-Thema interessiert. Wie schauen andere auf Magdeburg? Inwieweit ist das mit der notwendigen Willkommenskultur kompatibel? Wie das gelingen könnte, zeigte ich im Juni mit „Wie man einem Amerikaner das deutsche Kleingartenvereinswesen erklärt“.

 

In den Medien: Frohe Nachrichten, Hiobsbotschaften und die Intel-Aktie

Das Auf und Ab des Intel-Themas in den Schlagzeilen der Magdeburger „Volksstimme“ wurde mit Beispielen monatlich festgehalten und festgehalten und machte offenkundig, dass nicht nur „bad news“, sondern auch gute Nachrichten zur Intel-Ansiedlung als „good news“ dienen können, die Rückenwind für Magdeburg und die Region versprechen.

Blickt man über den lokalen medialen Horizont hinaus, gibt es auch Gegenwind: Im „Handelsblatt“ schlägt am 22.12.2023 ein Leser bei der Frage nach Sparmaßnahmen für den Bundeshaushalt die Halbierung der Intel-Subvention vor (Link: Debatte: Diese Sparmaßnahmen würde die Handelsblatt-Leserschaft favorisieren). Ähnlich wird am gleichen Tag als Kommentar im Deutschlandfunk der fehlende soziale Ausgleich bei der CO₂-Rückvergütung bemängelt, weil mit den Ersparnissen nun 10 Milliarden Euro für Intel mitfinanziert werden müssen (Link: Kommentar zum Klimageld - Ampel scheut die Auseinandersetzung (deutschlandfunk.de).

Als Lektüre zum technologisch-wirtschaftlichen Komplex sind besonders die Artikel von Joachim Hofer vom „Handelsblatt“ zu empfehlen, den ich bei seinen Recherchen in Magdeburg kennenlernen konnte. Einen guten Überblick bietet zum Beispiel sein Artikel vom 14.12.2023, in dem die aktuelle weltweite Position von Intel in dem technologischen Marktsegment beschrieben wird. (Link: Halbleiter: Intel will mit neuem Chip zu AMD und Nvidia aufschließen (handelsblatt.com).

Sucht man in der „Süddeutschen Zeitung“ Artikel zu „Intel“, gibt es im Zeitraum vom 1.12. bis 23.12.2023 allein vierzehn Artikel, in denen es auch um die Ansiedlung in Magdeburg geht. Das hat – auf den Umfang bezogen – fast schon „Volksstimme“-Niveau. In den Artikeln gibt es andere Perspektiven. Es lohnt auch ein Blick auf den Intel-Börsenzettel: Ein Jahresplus in 2023 von über 80% – allerdings von einem niedrigen Niveau aus – bestätigt die für den Halbleitermarkt typische-hohe Volatilität, zugleich aber auch die derzeitigen Erwartungen von Investoren. Mit einer Marktkapitalisierung (Wert aller Aktien nach aktuellem Kurs) von über 200 Milliarden Euro zählt Intel weltweit zu den Top-50 Unternehmen.


Verantwortung

Quelle: Wallstreet Journal
Die Intel-Ansiedlung in Magdeburg mit den damit verbundenen Subventionen bedeutet, dass viele Magdeburger und Sachsen-Anhalter, auch zukünftige, zahlreiche Vorteile haben werden. Viele Menschen in Deutschland und Europa beneiden uns darum, und wenn wir ehrlich sind, hätten wir andere Regionen auch beneidet, wären wir zweiter Sieger geworden.

Denken wir daran, dass das Geld durch die neuerlichen Sparbeschlüsse der Regierung nun an anderen neuralgischen Stellen fehlt und einige der ausgewiesenen Volkswirtschaftler die Sinnhaftigkeit der Intel-Subventionen kritisch sehen.

Daraus folgt die Verantwortung, dass das Projekt für die Region tatsächlich langfristig Nutzen bringen muss, dass wir es aufmerksam begleiten und uns um Ausgewogenheit bemühen müssen, sowohl aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Sicht. Wir dürfen es also nicht „vermasseln“! Mit „Wir“ meine ich die politisch Verantwortlichen, engagierte Gruppen, Interessenvertreter, Einzelpersonen und natürlich auch mich selbst. Auch wenn viele von uns keinen direkten Einfluss auf Entscheidungen haben, sollten man mit Selbstvertrauen in jedem Teil der Stadtgesellschaft die Mitverantwortung begreifen. Es ist ein riesiges, komplexes und anspruchsvolles Projekt, wo es nicht nur einfacher Lösungen bedarf. Mischen wir uns ein! Es wird trotzdem Momente geben, da Vertrauen für die direkt beteiligten Entscheider und Entscheiderinnen aufzubringen sein wird. Das wird nur dann funktionieren, wenn Transparenz bezüglich der Hintergründe und Entscheidungen herrschen wird.

 

Was steht in 2024 an?

Wie man aus vertraulichen, gut unterrichtet genannten Kreisen hört, soll neulich eine LKW-Ladung Akten für die Genehmigung und Förderung der Intel-Ansiedlung bei der zuständigen Behörde, dem Landesverwaltungsamt in Halle, abgeladen worden sein. Ich hoffe, dass die Papierform nur eine formale Voraussetzung ist und dass parallel einige Terabyte Daten das Einscannen der Akten überflüssig machen. Es darf erwartet werden, dass die Unterlagen zügig durch einen komfortablen Onlinezugang öffentlich gemacht werden. Der bislang übliche Zeitraum für so eine Genehmigung betrug zwei Jahre plus x. Wenn wir noch 2024 den Baustart erleben möchten, muss der vielzitierte „Deutschland-Turbo“ eingeschaltet werden. Ich vermute, dass viele genehmigungsrelevante Dinge schon vorab zwischen den Genehmigungsbehörden, der Politik und Intel geklärt worden sind oder noch werden, um zeitraubende Regelschleifen zu minimieren. Das ist auch okay so. Das Projekt kommt also 2024 in die konkrete Phase, in der die Karten auf dem Tisch liegen und so vielen Spekulationen der Boden entzogen wird: Endlich wird greifbar, wie hoch der Wasser- und Energiebedarf ist, wie viel Bördeboden tatsächlich transformiert und wie groß die versiegelte Fläche sein wird. Und: Welche Stoffe und chemischen Substanzen werden in der Produktion eingesetzt und wie ist die Qualität des Abwassers? Es sind engagierte Bürger und Bürgerinnen als auch Fachleute und Institutionen aufgerufen, sich unabhängig die vorliegenden Pläne und deren Umsetzung anzusehen. Mit einigen dieser Fachleute werde ich sprechen und deren Schlussfolgerungen in den Blog aufnehmen. Ich werde an Versammlungen teilnehmen und meinen Blog dafür als Echoraum anbieten.

Daneben interessiert mich weiter das gesellschaftliche, kulturelle und soziale Umfeld, wie der Arbeits- und Wohnungsmarkt. Auch: Wie wird das Thema künstlerisch reflektiert? Außer im Kabarett habe ich bislang nichts gehört. Wie geht es mit dem Intel-Sponsorship weiter? Intel wird dadurch sicher viele SCM- und FCM-Fans auf seine Seite ziehen.

Vielleicht kann mein Blog dazu beitragen, die Magdeburger Chip-Kompetenz weiterzuentwickeln, ohne dass es zu ernst oder staubtrocken zugeht. Ich freue mich, wenn es wieder Gastbeiträge gäbe, wie etwa den vom Münchener Dr. Franz Will im September 2023 mit der schönen Überschrift: „Nur die Paranoiden überleben“.

 

Lesungen aus dem Blog und Diskussion

Die Tradition, möglichst jeden ersten Montag im Monat um 17 Uhr eine öffentliche Lesung und Diskussion zum aktuellen Blog in der Stadtbibliothek Magdeburg anzubieten, soll fortgeführt werden. Es ist geplant, neben mir als Autor jeweils einen Fachmenschen zu einem Thema einzuladen. Die nächsten Termine: 5.2.2024, 4.3.2024, 6.5.2024 und 3.6.2024.

 

Der Kreis schließt sich

Intel Mistel-Bogen in Magdeburg
Im Januar-Blog 2023 berichtete ich von meinen archäologischen Fundstücken, gemacht in einer Buckauer Industriebrache aus der Zeit der ersten großen Magdeburger Transformation zur „Stadt des Schwermaschinenbaus“. Es handelte sich um verrostete Metallspäne von Drehbänken, mit denen ich als „Buckauer Lametta“ meinen Weihnachtsbaum Ende Dezember 2023 geschmückt habe. Am gleichen Tag entdeckte ich beim Gang durch das nasse Magdeburg an der Kreuzung Breiter Weg/Ernst-Reuter-Allee den weihnachtlichen Lichterglanz eines Mistelbogens mit Intel-Logo und dem strahlenden Schriftzug „Happy to be in Magdeburg“. Der Bogen ist geschlagen. Mistel, ein mythisches Gewächs, Zauberpflanze und Glücksbringer. Bei „zu viel Mistel“ nicht so gut für den Wirtsbaum. Ein gutes Omen für eine Beziehung ist, wenn man sich unter dem Mistelzweig küsst. Es ist aber nicht einmal ein Gerücht, dass sich dort unter dem Mistelbogen unsere Oberbürgermeisterin Simone Borris und der Intel-CEO Pat Gelsinger geküsst haben sollen. Haben sie nicht! Aber so etwas wie eine Ehe gehen Magdeburg und Intel trotzdem miteinander ein.

 

Danke

Zu guter Letzt möchte ich mich noch bei den Förderern und Sponsoren dieses Blog-Projektes

-        der Stiftung Unserer Lieben Frauen  www.stiftung-kulf.de/,

-        dem Kulturbüro der Landeshauptstadt Magdeburg – www.Magdeburg.de,

-        der WoBau Magdeburg - www.WoBau-Magdeburg.de,

-        und dem Lions Club Magdeburg - Kaiser Otto I. www.lions-Magdeburg.de

bedanken. Ganz herzlichen Dank auch an Albrecht Franke aus Stendal für die gute Unterstützung und die vielen Hinweise, die weit über die Aufgaben eines Lektors hinaus gingen.

Mittwoch, 27. Dezember 2023

# 004 Temponaut in einer Magdeburger Zeitschleuse - Januar 2023

„Wenn du das 30 Jahre machst, dann hast du keine Lieblingsgegenstände mehr, das ist wahr, obwohl, man findet zwar noch was schön, wie dieser Sekretär da, Biedermeier, hat seine 200 Jahre auf dem Buckel, Originalzustand,“

… sagt Kalle nach meinem Eintritt durch die blaue Ladentür in sein verwunschenes „Antik- & Raritäten-Land“ im Magdeburger Stadtfeld. Ich trete durch diese Zeitschleuse, und es tut sich ein Raum auf, der zurück in die Vergangenheit führt. Kommt man mit handelsüblichen Zeitmaschinen zwar in die Zukunft und Vergangenheit, so bleibt man doch je Zeitreise einer bestimmten Zeit verhaftet. Hier ist es anders. Man schwebt gleichzeitig durch die vielen stummen Zeugen der letzten 200 Jahre. Hier der 60er-Jahre-Reisekoffer aus „Vulkanfiber“, da auf dem Tisch Urgroßmutters komplettes 6er-Kaffee-Service aus hochwertigem Porzellan, das sich damals nur die Familien der Gusseisen-Barone und ihre leitenden Angestellten und Ingenieure leisten konnten. Hat aus dem klobig wirkenden und mit einer Krone verzierten Bierhumpen vielleicht schon Kaiser Wilhelm genippt?


Aber was heißt stumme Zeugen? Laut tickt die hölzerne Wanduhr aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts und die französische Standuhr aus Marmor und poliertem Messing oder ist es Gold? stammt aus der Belle Époque, da ist sich Kalle sicher, als sie vornehm wie seit 150 Jahren, auf die Minute genau die gerade abgelaufene Viertelstunde meldet.

Den anderen stummen Zeugen in seinem Zeitkabinett drückt Kalle, als Herr der Hinterlassenschaften von Generationen, den verbalen, zeittaxierenden Stempel auf. Als Wandler zwischen den Zeiten weiß er viel zu den einzelnen Gegenständen zu erzählen. Er importiert seine Gegenstände mit den ihnen anhängenden Zeiten aus aufgegebenen Wohnungen aus der Umgebung, wie die zwei großen Kerzenleuchter aus Quedlinburg. Bei einer Magdeburger Wohnungsauflösung hat er eine fein bestickte weiße Tischdecke und auf einem Flohmarkt das dazu passende Silberbesteck ergattert, alles schön drapiert auf dem dunkelpolierten Holztisch aus der gutbürgerlichen Zeit vor 180 Jahren. Manchmal setzt sich Kalle an den Tisch, schenkt sich schweren Rotwein in das dazu passende Bleikristallglas und taucht sinnierend mit jedem Schluck tiefer in diese alte Magdeburger Zeit, in sein Tempo ein. Er ist als Temponaut unterwegs auf seinem kleinen Planeten der versunkenen Momente, die er für seine Kunden wie Atlantis wieder auftauchen lassen kann.

Seine Besucher wollen nicht mit der Vergangenheit abschließen, sondern suchen einen Anker in der Vergangenheit, mit dem sie gute Erinnerungen verbinden. Wie eine Nabelschnur, so philosophiert unser Temponaut. Einer der Suchenden kam neulich in seine Vergangenheitswelt, kaufte eine alte lederne Hebammentasche mit großer Klappöffnung und Metallverschluss, ähnlich einer dieser typischen Doktortaschen. Kurz danach kam er mit seiner Freundin wieder, wollte die gleiche Tasche noch einmal kaufen, weil er damit Erinnerungen an eine englische 70er-Jahre-Tierarztserie im Fernsehen verband und mit der Tasche diese konservierte Zeit auch an seine Freundin weitergeben wollte. Die beiden nahmen sich noch im Laden vor, dass sie, jedes Mal, wenn er oder sie diesen speziellen Verschluss betätigen, sie sich kurz Zeit nehmen und an den anderen denken. Aber alte Zeiten-Trageinrichtungen sind scheue Einzelgänger und nicht immer auf Lager. Kalle kann in solchen Fällen helfen. Er recherchiert, fragt bei seinen Temponauten-Kollegen in anderen Zeitschleusen nach, um auf diesem Wege eine ähnliche Tasche aufzutreiben, quasi als Geburtshelfer für Erinnerungen an alte Zeiten.

Ich schweife durch einen Nebenraum. Dort sind viele Militaria, wie Uniformen, Säbel, Feldbesteck versammelt. Die Originalteile, an denen noch alte Zeiten kleben, werden von denen gesucht, für die die Zeit stehengeblieben ist.

In einem großen alten Wandspiegel sehe ich plötzlich Kalle, stilecht und schnittig-preußisch als Hauptmann der Magdeburger Festungsanlage Ravelin ausstaffiert. Aber Kalle kommt gerade aus dem Verkaufsraum auf mich zu, im Spiegel sehe ich nur noch den Kleiderständer, an dem alte Militärklamotten hängen.

Eine Spezialität in dieser Tempoinsel sind Zeitzinsen. Da gibt es diesen Büfett-Schrank, mit dem Kalle fast schon verheiratet ist, wie er sagt, weil er schon seit über 20 Jahren im Laden brav an seiner Seite aushält. War der Schrank anfangs 80 Jahre alt, so hat er nun runde 100 auf dem Buckel. Ein Plus von 25%! In dieser Umgebung kommt sich Kalle mit seinen 75 Lenzen noch jung und rüstig vor. So wirkt er auch.

Sind alte Wohnungen von verstorbenen Magdeburgern Treibstoff für seine Zeitmaschine? „Manchmal komme ich in Wohnungen und sehe sofort: Nur Wohlstandsmüll. Die haben alle paar Jahre jede neue Einrichtungsmode mitgemacht, da gehe ich gleich wieder.“ Also nichts für Kalle, seine Zeitwährung zählt erst ab 40 … 50 Jahre.

Neulich hat jemand den alten Reisekoffer aus Vulkanfiber gekauft, hergestellt in den 50er/60er-Jahren vom VEB Kofferfabrik Kindelbrück in Thüringen. Der Käufer war glücklich, prominierte stolz samt Hut und Stock durch die Gegend und freute sich über jeden, der ihn deswegen ansprach. Er öffnete dann immer kurz den Reisekoffer, um etwas Zeit entweichen zu lassen und plötzlich hatten andere Menschen Zeit für ihn, die vorher achtlos an ihm vorbeigegangen wären. Dann hat er festgestellt, dass sogar ein Magdeburger, Erich Wiedemann, schon 1911 die Fabrik in Kindelbrück gegründet hatte. So schließen sich Zeitkreise.

Mein Versuch des Blickes nach vorn: Was erwartet Kalle für Veränderungen von der Intel-Ansiedlung? „Die seh ich noch nicht, glaub erst dran, wenn es tatsächlich losgeht, mit der Baustelle“, und weist dabei auf die auf seinem antiken Schreibtisch ausgebreitete „Volksstimme“, die er als Vormittagsritual immer ganz ausführlich liest. Er kann die Amis schlecht einschätzen, mit den Russen hätte er viel Wodka getrunken. Ob ihm nicht die hier zukünftig arbeitenden Amerikaner gerade wegen seinen antiken Raritäten die Bude einrennen werden? Kalle lächelt mich an und sagt dann ganz entspannt: „Nee, lass mal, die Geschäfte machen dann ganz andere.“   

Ich habe gar nicht gemerkt, wie viel Zeit ich schon in diesem Laden gelassen habe. Es war schön, sich darin zu verlieren und den Temponauten Kalle kennenzulernen. Draußen ist die Zeit nicht stehen geblieben, geschäftiges Treiben gegenüber am Biomarkt, ich muss schnell zum Bus, rüber in die Arndstraße. Da kommt schon der 52 um die Ecke, plötzlich geht es um Sekunden …