Sonntag, 31. Dezember 2023

# 034 Die Bescherung im Dezember 2023 ‒ Jahresrück- und Ausblick

Buckauer Lametta

Seit einem Jahr betreibe ich den Blog „Aufwärtskompatibel? Neue Industriekultur in Magdeburg!" Der Blog sei etwas unorthodox, meinten einige Leser. Wegen der technisch ungewohnten Umsetzung als Web-Seite mit PDF-Dokumenten? Oder war es wegen der unterschiedlichen Formen und Inhalte?

Die technische Umsetzung in einen „klassischen“ Blog, der aufgeräumter, strukturierter ist und übliche praktische Blog-Funktionen aufweist, habe ich nun zum Jahresende umgesetzt, er ist unter dem Link  https://herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com/ ab sofort zu erreichen. Parallel werde ich den Blog aber auch auf der Webseite http://herbertbeesten.de/Magdeburger-Industriekultur-Transformation.htm für diejenigen fortführen, die Bedenken gegen Google-basierte Anwendungen haben. Inhaltlich soll es so abwechslungsreich wie bislang bleiben. Neben eher journalistisch geprägten Beiträgen reizt es mich weiter, verschiedene literarische Genres, wie Storytelling, Parabel, Satire etc. zu bedienen und das Blog-Thema aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten. Mal laut und penetrant, dann zurückhaltend abwägend. Humor, Ironie und Fantasie, gepaart mit technisch-sachlichen Hintergründen, sollen weiterhin das Profil prägen. Das hört sich doch gut an, oder? Der mündige Leser oder die gleichfalls mündige Leserin wird entscheiden können, was ernsthaft gemeint, was Vision ist oder was meiner Fantasie entspringt.  

Die Ausgangsfrage - Die Wunschlisten

Aufwärtskompatibel bedeutet zum Beispiel in der IT-Branche, dass bei der Weiterentwicklung von Software das Programm auch noch mit alten Daten und Projekten funktioniert und zugleich neue Funktionen und Möglichkeiten bereithält. Kennen Sie das Gefühl, wenn es nach einem Update plötzlich nicht so ist? Dieses Gefühl sollte die Magdeburger nach der Intel-Ansiedlung möglichst nicht beschleichen.

Rückwärts- oder Abwärtskompatibilität gibt es zwar auch, allerdings scheint aus meiner Sicht die anstehende Vorwärtsentwicklung in Magdeburg unumkehrbar zu sein, wenn man der in Magdeburg stark vertretenden Intel-Protagonisten-Fraktion glaubt. Ich werde weiter beobachten, was da wie passiert und zu antizipieren versuchen, wohin die Reise der Magdeburger gehen kann. Neben den Chip-Fabs stehen zum Beispiel Sport-, Sozial- und Kultursponsoring durch Intel auf der Magdeburger Wunschliste, wie auch innerstädtische ÖPNV-Verbesserungen bis zum Autobahnring um Magdeburg samt weiterer Elb-Querung.

 

Ahnungen im bisherigen Blog 2023

Ich bin kein Prophet. Aber durch meine Nähe zum Thema keimt schon etwas früher die eine oder andere Vorahnung auf. So war schon im März-Blog nachzulesen, dass die Einrichtung eines weiteren Wasserwerkes an der Elbe wahrscheinlich ist. Im August wurde schon fiktiv auf den Einstieg von Intel beim FCM zurückgeblickt. Mit der „Intel-Mania“ im April satirisch-fiktional aufgedeckt, dass sich möglicherweise eine Undercover-Intel-Lobby-Group gebildet hat. Im September gab es so Nützliches wie einen kleinen Crash-Kurs über Halbleitertechnik im Uni-Reinraum. Meine Mahnung, dass man sich auch mit der Technik selbst auseinandersetzten muss, wenn man mitreden will, war hoffentlich nicht zu oberlehrerhaft. Die literarischen Storys über den Temponauten Kalle im Januar und den Schwermaschinenbau-Ingenieur Hermann zeigten im August, wie es um die Aufwärtskompatibilität der älteren Generation steht.

Meine Mai-Idee, das Resümee meiner Teilnahme an Versammlungen zum Thema Intel in Oschersleben und Wanzleben in Form einer gestörten Funkverbindung darzustellen, sehe ich im Nachhinein als Prophezeiung der schwieriger werdenden Kommunikation der beteiligten Gemeinden mit Magdeburg, die später im November/Dezember offen zutage trat.

 

Über den Tellerrand

Bei einem so großen internationalen Projekt – hier soll immerhin eine Gesamtsumme investiert werden, die größer ist als alle 33 Magdeburger Stadthaushalte zusammen seit der Wiedervereinigung – war es mir wichtig, mich auch überregional umzuschauen. So konnte ich im Februar über meine Münchener Chip-Visite aus dem Dunstkreis der Intel-Deutschland Zentrale berichten, im Juli beschreiben, was den amerikanischen Journalisten Sam Gurwitt an dem Intel-Thema interessiert. Wie schauen andere auf Magdeburg? Inwieweit ist das mit der notwendigen Willkommenskultur kompatibel? Wie das gelingen könnte, zeigte ich im Juni mit „Wie man einem Amerikaner das deutsche Kleingartenvereinswesen erklärt“.

 

In den Medien: Frohe Nachrichten, Hiobsbotschaften und die Intel-Aktie

Das Auf und Ab des Intel-Themas in den Schlagzeilen der Magdeburger „Volksstimme“ wurde mit Beispielen monatlich festgehalten und festgehalten und machte offenkundig, dass nicht nur „bad news“, sondern auch gute Nachrichten zur Intel-Ansiedlung als „good news“ dienen können, die Rückenwind für Magdeburg und die Region versprechen.

Blickt man über den lokalen medialen Horizont hinaus, gibt es auch Gegenwind: Im „Handelsblatt“ schlägt am 22.12.2023 ein Leser bei der Frage nach Sparmaßnahmen für den Bundeshaushalt die Halbierung der Intel-Subvention vor (Link: Debatte: Diese Sparmaßnahmen würde die Handelsblatt-Leserschaft favorisieren). Ähnlich wird am gleichen Tag als Kommentar im Deutschlandfunk der fehlende soziale Ausgleich bei der CO₂-Rückvergütung bemängelt, weil mit den Ersparnissen nun 10 Milliarden Euro für Intel mitfinanziert werden müssen (Link: Kommentar zum Klimageld - Ampel scheut die Auseinandersetzung (deutschlandfunk.de).

Als Lektüre zum technologisch-wirtschaftlichen Komplex sind besonders die Artikel von Joachim Hofer vom „Handelsblatt“ zu empfehlen, den ich bei seinen Recherchen in Magdeburg kennenlernen konnte. Einen guten Überblick bietet zum Beispiel sein Artikel vom 14.12.2023, in dem die aktuelle weltweite Position von Intel in dem technologischen Marktsegment beschrieben wird. (Link: Halbleiter: Intel will mit neuem Chip zu AMD und Nvidia aufschließen (handelsblatt.com).

Sucht man in der „Süddeutschen Zeitung“ Artikel zu „Intel“, gibt es im Zeitraum vom 1.12. bis 23.12.2023 allein vierzehn Artikel, in denen es auch um die Ansiedlung in Magdeburg geht. Das hat – auf den Umfang bezogen – fast schon „Volksstimme“-Niveau. In den Artikeln gibt es andere Perspektiven. Es lohnt auch ein Blick auf den Intel-Börsenzettel: Ein Jahresplus in 2023 von über 80% – allerdings von einem niedrigen Niveau aus – bestätigt die für den Halbleitermarkt typische-hohe Volatilität, zugleich aber auch die derzeitigen Erwartungen von Investoren. Mit einer Marktkapitalisierung (Wert aller Aktien nach aktuellem Kurs) von über 200 Milliarden Euro zählt Intel weltweit zu den Top-50 Unternehmen.


Verantwortung

Quelle: Wallstreet Journal
Die Intel-Ansiedlung in Magdeburg mit den damit verbundenen Subventionen bedeutet, dass viele Magdeburger und Sachsen-Anhalter, auch zukünftige, zahlreiche Vorteile haben werden. Viele Menschen in Deutschland und Europa beneiden uns darum, und wenn wir ehrlich sind, hätten wir andere Regionen auch beneidet, wären wir zweiter Sieger geworden.

Denken wir daran, dass das Geld durch die neuerlichen Sparbeschlüsse der Regierung nun an anderen neuralgischen Stellen fehlt und einige der ausgewiesenen Volkswirtschaftler die Sinnhaftigkeit der Intel-Subventionen kritisch sehen.

Daraus folgt die Verantwortung, dass das Projekt für die Region tatsächlich langfristig Nutzen bringen muss, dass wir es aufmerksam begleiten und uns um Ausgewogenheit bemühen müssen, sowohl aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Sicht. Wir dürfen es also nicht „vermasseln“! Mit „Wir“ meine ich die politisch Verantwortlichen, engagierte Gruppen, Interessenvertreter, Einzelpersonen und natürlich auch mich selbst. Auch wenn viele von uns keinen direkten Einfluss auf Entscheidungen haben, sollten man mit Selbstvertrauen in jedem Teil der Stadtgesellschaft die Mitverantwortung begreifen. Es ist ein riesiges, komplexes und anspruchsvolles Projekt, wo es nicht nur einfacher Lösungen bedarf. Mischen wir uns ein! Es wird trotzdem Momente geben, da Vertrauen für die direkt beteiligten Entscheider und Entscheiderinnen aufzubringen sein wird. Das wird nur dann funktionieren, wenn Transparenz bezüglich der Hintergründe und Entscheidungen herrschen wird.

 

Was steht in 2024 an?

Wie man aus vertraulichen, gut unterrichtet genannten Kreisen hört, soll neulich eine LKW-Ladung Akten für die Genehmigung und Förderung der Intel-Ansiedlung bei der zuständigen Behörde, dem Landesverwaltungsamt in Halle, abgeladen worden sein. Ich hoffe, dass die Papierform nur eine formale Voraussetzung ist und dass parallel einige Terabyte Daten das Einscannen der Akten überflüssig machen. Es darf erwartet werden, dass die Unterlagen zügig durch einen komfortablen Onlinezugang öffentlich gemacht werden. Der bislang übliche Zeitraum für so eine Genehmigung betrug zwei Jahre plus x. Wenn wir noch 2024 den Baustart erleben möchten, muss der vielzitierte „Deutschland-Turbo“ eingeschaltet werden. Ich vermute, dass viele genehmigungsrelevante Dinge schon vorab zwischen den Genehmigungsbehörden, der Politik und Intel geklärt worden sind oder noch werden, um zeitraubende Regelschleifen zu minimieren. Das ist auch okay so. Das Projekt kommt also 2024 in die konkrete Phase, in der die Karten auf dem Tisch liegen und so vielen Spekulationen der Boden entzogen wird: Endlich wird greifbar, wie hoch der Wasser- und Energiebedarf ist, wie viel Bördeboden tatsächlich transformiert und wie groß die versiegelte Fläche sein wird. Und: Welche Stoffe und chemischen Substanzen werden in der Produktion eingesetzt und wie ist die Qualität des Abwassers? Es sind engagierte Bürger und Bürgerinnen als auch Fachleute und Institutionen aufgerufen, sich unabhängig die vorliegenden Pläne und deren Umsetzung anzusehen. Mit einigen dieser Fachleute werde ich sprechen und deren Schlussfolgerungen in den Blog aufnehmen. Ich werde an Versammlungen teilnehmen und meinen Blog dafür als Echoraum anbieten.

Daneben interessiert mich weiter das gesellschaftliche, kulturelle und soziale Umfeld, wie der Arbeits- und Wohnungsmarkt. Auch: Wie wird das Thema künstlerisch reflektiert? Außer im Kabarett habe ich bislang nichts gehört. Wie geht es mit dem Intel-Sponsorship weiter? Intel wird dadurch sicher viele SCM- und FCM-Fans auf seine Seite ziehen.

Vielleicht kann mein Blog dazu beitragen, die Magdeburger Chip-Kompetenz weiterzuentwickeln, ohne dass es zu ernst oder staubtrocken zugeht. Ich freue mich, wenn es wieder Gastbeiträge gäbe, wie etwa den vom Münchener Dr. Franz Will im September 2023 mit der schönen Überschrift: „Nur die Paranoiden überleben“.

 

Lesungen aus dem Blog und Diskussion

Die Tradition, möglichst jeden ersten Montag im Monat um 17 Uhr eine öffentliche Lesung und Diskussion zum aktuellen Blog in der Stadtbibliothek Magdeburg anzubieten, soll fortgeführt werden. Es ist geplant, neben mir als Autor jeweils einen Fachmenschen zu einem Thema einzuladen. Die nächsten Termine: 5.2.2024, 4.3.2024, 6.5.2024 und 3.6.2024.

 

Der Kreis schließt sich

Intel Mistel-Bogen in Magdeburg
Im Januar-Blog 2023 berichtete ich von meinen archäologischen Fundstücken, gemacht in einer Buckauer Industriebrache aus der Zeit der ersten großen Magdeburger Transformation zur „Stadt des Schwermaschinenbaus“. Es handelte sich um verrostete Metallspäne von Drehbänken, mit denen ich als „Buckauer Lametta“ meinen Weihnachtsbaum Ende Dezember 2023 geschmückt habe. Am gleichen Tag entdeckte ich beim Gang durch das nasse Magdeburg an der Kreuzung Breiter Weg/Ernst-Reuter-Allee den weihnachtlichen Lichterglanz eines Mistelbogens mit Intel-Logo und dem strahlenden Schriftzug „Happy to be in Magdeburg“. Der Bogen ist geschlagen. Mistel, ein mythisches Gewächs, Zauberpflanze und Glücksbringer. Bei „zu viel Mistel“ nicht so gut für den Wirtsbaum. Ein gutes Omen für eine Beziehung ist, wenn man sich unter dem Mistelzweig küsst. Es ist aber nicht einmal ein Gerücht, dass sich dort unter dem Mistelbogen unsere Oberbürgermeisterin Simone Borris und der Intel-CEO Pat Gelsinger geküsst haben sollen. Haben sie nicht! Aber so etwas wie eine Ehe gehen Magdeburg und Intel trotzdem miteinander ein.

 

Danke

Zu guter Letzt möchte ich mich noch bei den Förderern und Sponsoren dieses Blog-Projektes

-        der Stiftung Unserer Lieben Frauen  www.stiftung-kulf.de/,

-        dem Kulturbüro der Landeshauptstadt Magdeburg – www.Magdeburg.de,

-        der WoBau Magdeburg - www.WoBau-Magdeburg.de,

-        und dem Lions Club Magdeburg - Kaiser Otto I. www.lions-Magdeburg.de

bedanken. Ganz herzlichen Dank auch an Albrecht Franke aus Stendal für die gute Unterstützung und die vielen Hinweise, die weit über die Aufgaben eines Lektors hinaus gingen.

4 Kommentare:

  1. Lieber Autor, das sieht sehr gut aus und wird bestimmt viele Interessierte anziehen. Das Thema INTEL wird hier auf vielfältige und beinahe bunte Weise behandelt. Und man kann auch einmal lachen, was der Ernsthaftigkeit der Thematik zugutekommt. Hoffentlich kann die wichtige Arbeit im Jahre 2024 fortgesetzt werden.

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    1. Danke für die Antwort. Ja, ich versuche den Blog vielseitig zu gestalten, schauen Sie gerne wieder vorbei. Mit freundlichem Gruß Herbert Beesten

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  2. Ich habe den Blog mit großem Interesse gelesen und viel Neues erfahren. Mir wurde klar, wie viel sich in den nächsten Jahren verändern wird.

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    1. Hallo AF, ja, das Thema "Intel-Ansiedlung in Magdeburg" wird es insich haben und ich bleibe da dran.

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