Sommer verdrängt das Stadtgespräch
- Schweifen zwischen Schelli und Schrote
Ich bin weiter
mit Sam Gurwitt in Magdeburger Bezirk Stadtfeld unterwegs. Wir möchten noch
eine kleine Zufallsumfrage zum Thema „Intel“ machen.
Vor einer
Bäckerei am Schelli (populäre Kurzbezeichnung für den Schellheimerplatz) sitzen
ein paar Menschen mittleren Alters.
Mein Stadtfeld: Was
sollten Amerikaner im Stadtfeld entdecken?
Antonio: Hier
den Landbäcker, als den Kiezbäcker, auf jeden Fall!
Wie sehen
Sie die Intel Ansiedlung?
Antonio: Da
bin ich ganz ehrlich, da kann ich nicht mal was zu sagen, weil ich mich damit
überhaupt nicht beschäftige, das ist überhaupt nicht mein Ding, Computer und
so.
Miriam: Soll
das nicht da gebaut werden, wo die Metro ist?
Nein,
hinten raus, Süd-Osten, noch hinter Ottersleben und hinter der Autobahn
Antonio: Ah,
da wo Amazon ist, ja?
Ja, in
etwa, aber Amazon ist auf Osterweddinger Gebiet, also Gemeinde Sülzetal. Das Kerngebiet
der Intel-Ansiedlung ist auf Magdeburger Gebiet. Eulenberg heißt das.
Miriam: Ach so
Zwei junge
Mütter am Rand des Schelli-Spielplatzes
Wie sehen
Sie die Intel Ansiedlung?
Kati: Es ist
spannend, was daraus gemacht wird. Wenn natürlich alles teurer wird, die Mieten
zum Beispiel, weil die Vermieter meinen, sie könnten die Preise anziehen, weil
ein großer Wirtschaftsfaktor da ist, das wäre das falsche Signal. Aber wenn
Sachsen-Anhalt dadurch in Deutschland und in der Welt besser gesehen wird, dann
ist das schon gut.
Jessi: ich weiß gar
nicht Bescheid, ich komme aus Dresden.
Magdeburg
stand ja im Wettbewerb zu Dresden. Sind Sie sauer, dass Intel jetzt nach
Magdeburg kommt?
Jessi: Davon
weiß ich nichts.
Sam: Als
Person, die sich nicht speziell mit Intel beschäftigt. Was bekommt man als
„normale“ Magdeburgerin von dem Thema mit? Hört man viel davon? Spricht man
darüber?
Kati: Ich lese
bewusst zu dem Thema, z.B. in der „Volksstimme“ oder höre beim MDR zu, wenn da
etwas zu dem Thema kommt. Mein Mann war durch seine Tätigkeit im
Stadtplanungsamt schon früh damit beschäftigt, so dass ich auch früh wusste,
dass ein großer Investor kommen soll. Da lese und informiere ich mich bewusst
zu dem Thema und warte nicht, bis mir das irgendjemand erzählt.
An den 5-jährigen
Julian, Sohn von Kati, im Sandkasten: Was findest du gut an Stadtfeld?
Julian: Den
Eisladen
Warum
Weil es da so
viel Eis gibt.
Hast du
schon mal was Intel gehört?
Nööö
Ich verabschiede
mich von Sam, der mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren muss. Er hat im Umland
noch einen Termin für seine Intel-Recherche.
Ich spreche
einen älteren Passanten an:
Herr P.: Ich
habe hier im Stadtfeld mal vor 50 Jahren gewohnt, ich schau mir das ab und zu
noch mal an. Einiges ist ja noch wie damals, aber es ist auch viel Neues da
oder es hat sich einfach verändert. Ich wohne jetzt in einer anderen
Magdeburger Ecke.
Was für
eine Meinung haben Sie zu Intel?
Herr P.: Intel?
Ich hab davon gehört, … aber …kann sicher nicht schaden, für die Stadt, aber
für die paar Arbeitsplätze ist das ne Menge Geld, das kann man auch für andere
wichtigere Zwecke ausgeben, … ist meine
Meinung.
Was wäre
für Sie wichtiger?
Ja, vieles. Es gibt so viel Sachen, die wichtig sind. So viele Milliarden, um die anzulocken und wer weiß, ob die wirklich 20 Jahre hier produzieren oder wieder woanders hingehen. Man weiß es nicht. Es kann gut sein, für die Stadt, aber wenn die Leute anlocken, werden die Wohnungen knapp, nachher weiß man das, vorher nie. Dann geht guter Boden verloren, bester Bördeboden, der ist ja wertvoll, ich hoffe, den nehmen se vorher weg. Im Großen und Ganzen ist es ganz gut, dass sich im Osten etwas Größeres ansiedelt. Hoffnung ist schon da.
Ich finde
keine weiteren Ansprechpersonen im Stadtfeld. Die Sommersonne heizt alles auf
und hat die Straßen leergebrannt. Anscheinend ist bei vielen Magdeburgern und
Magdeburgerinnen Intel kein oder nur ein nebensächliches Thema, also nicht
unbedingt das Stadtgespräch, es beschränkt sich auf Typisches, meist
unreflektiertes Kolportieren von Argumenten, die man immer wieder hört: Wird es
teurer? Ist es zu viel Geld? Was ist mit
dem Bördeboden?
Liegt es an
der aufkommenden Sommer-, Ferien- und Urlaubsstimmung, dass niemand pointierter
zu Intel Stellung nimmt, oder ist es die Hitze am bislang heißesten Tage des
Jahres?
Ich
beschließe, meine Umfrage einzustellen, folge dem Tipp vom Julian und genehmige
mir ein Tartufo im Eiscafé „Angelino“. Anschließend versuche ich, der
Sommerträgheit in Stadtfeld zwischen Schelli und Schrote (kleiner Bach durchs
Stadtfeld) nachzuspüren:
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