„Die
Magdeburger haben eine mehrschichtige Liebe zu ihrer Stadt, eine zögerliche Art
auf andere Menschen zuzugehen und eine abwartende Haltung, wenn jemand große
Töne macht, und die sich erstmal zurücklehnen, innerlich die Arme verschränken,
um zu sehen, was der oder die andere draufhat, erst mal gucken, ob das wirklich
alles so wird, wie er oder sie sich das vorstellt.“ Auf diese Weise charakterisiert
ein Musiker seine Mitbürger*innen in einem Interview. Er selbst, vor gut zehn
Jahren aus Schleswig-Holstein zugewandert, findet sich da auch wieder, das hat
schon auf ihn abgefärbt und seine in Magdeburg geborenen drei Kinder seien in
mehrfacher Hinsicht echte Magdeburger. Ein Grund zum Stolz.
Ich
erinnere mich an Kalles Worte: „Die seh ich noch nicht, glaub erst dran, wenn
es tatsächlich losgeht, mit der Baustelle“.
Ich
bezeichne das als „Grundzweifel“. Ob das ein mentaler Ausgleich für zu wenig Selbstvertrauen
ist? Dass der Magdeburger ganz anders kann, wird bei seinem FCM deutlich.
Good news are …
Wurde in der „Volksstimme“ gefühlt
in jeder Ausgabe, seit dem Sommer 2022 oft mehrfach, im lokalen oder
überregionalen Teil, über die Intel-Ansiedlung in vielen Facetten berichtet, so
war das auch, bis auf eine Ausnahme, (nach meiner Recherche jedenfalls) ab dem
Neujahrstag 2023 so. Bis zum 10. Februar.
Im Laufe des Januars wurde
deutlich, dass Intel auf dem Weltmarkt der Gegenwind ins Gesicht bläst. Berichte
über einen Umsatzeinbruch im gerade abgelaufenen Quartal machten die Runde, denen
zufolge Intel in die Verlustzone gerutscht sei. Die Gründe waren vielfach: Unterbrechung
von Lieferketten, die steigende Inflation, Krieg in der Ukraine und damit
verbundene hohe Energiekosten, Nachfrageflaute. Überkapazitäten im weltweiten
Marktgeschehen sind die neuen Schreckgespenster. Die angehenden Magdeburger Hobby-Hightech-Analysten
lernen schnell, was unter einer „hohen Volatilität des Chip-Marktes“ zu
verstehen ist. Der Zeitplan schwimmt. „Kein Projekt wird wie ursprünglich
geplant umgesetzt“, heißt es von Lokalpolitikern beruhigend. „In Dresden und im
Saarland werden auch neue Riesen-Chipfabriken gebaut!“, meldet die große
Politik fast trotzig. Sind das die weiteren Überkapazitäten, die den
Fortschritt in Magdeburg bremsen könnten? Die Landespolitik schiebt wieder an: „Eine
schnelle ICE-Anbindung muss her und ein landeseigener Windpark, exklusiv für
Intel“, verspricht Rückenwind in der Börde.
In das alles platzt die Nachricht: „Konzern braucht für Magdeburg weiteren Milliardenzuschuss“. Statt der in Aussicht gestellten knapp sieben nunmehr zehn Milliarden Euro.
Pause. Und siehe da… am Folgetag,
dem 10. Februar, kein „Volksstimme“ Artikel, in dem, auch nicht e ansatzweise, in
irgendeiner Form der Name „Intel“ eine Rolle spielt. Der von mir genutzte Suchalgorithmus
schlägt nur bei „KI - künstliche Intelligenz“ an.
Müssen sich alle schütteln, das
erstmal verdauen? Am nächsten Tag die Schlagzeile: „Lindner sieht Intel
kritisch“. Der Finanzminister stellt grundsätzlich die Förderung der Chip-Industrie
infrage.
Wieder zwei Tage Intel-Stille in
der „Volksstimme“. Muss da jemand noch einmal schlucken, überlegen, wie man das
Thema jetzt anpackt?
Die Intel-Stimmen setzen wieder
ein, Turbulenzen: Leserbriefe mit Durchhalteparolen, in etwa pari mit: „Ich hab’s
ja schon immer gewusst!“ Wieder zwei Intel-Ruhetage in der „Volksstimme“.
Am nächsten Tag zitiert die „Volksstimme“
aus der „Süddeutschen Zeitung“: Der Präsident des landeseigenen
Leibniz-Instituts in Halle ist generell gegen Subventionierungen, wenn nur Chip-Produktionsstätten
gebaut werden, weil dort keine Entscheidungen fallen.
Der sachsen-anhaltische Ministerpräsident
kontert. „Haseloff liest IWH-Chef die Leviten“, heißt es in der „Volksstimme“ und
er stellt die Finanzierung des IWH-Institutes infrage. Leser- und
Leserinnenbriefe rücken das dringende Thema Wasser in den Mittelpunkt.
Dann noch ein Tritt vors
Schienbein: „Haseloff watscht Wirtschaftsinstitut aus Halle ab“. Ein Leserbrief
aus Gommern besänftigt mit der Überschrift: „Intel eine gute Investition“.
Mut zur Lücke
In den darauffolgenden 6
Erscheinungstagen, bis in den März hinein, ist die „Volksstimme“ zum Thema
Intel stumm. Funkstille. Der anfangs monatelang wacker schnurrende
Nachrichten-Motor stottert und stockt.
Solche Lücken füllen sich mit
Zweifeln und führen zu einem Selbstgespräch:
Die Nachrichtenmaschine läuft wieder an: Der Intel-Aktien Kurs büßte seit der offiziellen Ankündigung der Magdeburger Ansiedlung 42% ein. Das liegt aber nicht an Magdeburg.
Im letzten Quartal 2022 ging der
Intel-Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal um 28% zurück, verbunden mit einem
Verlust. 2022 wurde trotzdem insgesamt mit Gewinn abgeschlossen. Infineon erhöht
trotz schwächelnder Weltwirtschaft seine Gewinnprognose und investiert in
Dresden 5 Milliarden in neue Chipfabrik. Die erwartete 1 Milliarde Förderung
ist noch nicht sicher. Infineon fängt trotzdem schon mutig mit dem Bau an.
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