Transformation in Echtzeit: Hoffnungen, Skepsis, Freude und Sorgen der Magdeburger und Magdeburgerinnen begleiten die Ansiedlung von Intel-Chip-Fabriken.
Wie verändert sich Magdeburg dadurch? Seit Januar 2023 beobachte ich monatlich den Transformationsprozess im Kontext der Ereignisse in Politik und Wirtschaft, mal journalistisch, dann wieder satirisch oder in kleinen Storys. Auch die Technologie spielt eine Rolle. Ich danke Albrecht Franke für die Unterstützung bei der Abfassung der Texte.
Mittwoch, 31. Januar 2024
# 038 Lokale KI-Begegnungen in Magdeburg - Januar 2024
Kann Magdeburg KI?
Wie ich im Blog-Artikel „# 037…
da kommt etwas in Bewegung - Januar 2024“ beschrieben habe, wird
Magdeburg mit Intel bald einen der globalen Protagonisten der KI-Technologie in
seinen Mauern beherbergen.
Das Thema KI ist in aller
Munde, in fast allen Köpfen und in der „Magdeburger Volksstimme“ eines der
wirtschaftlich-technischen Topthemen der letzten 12 Monate. Das fiel mir auf,
weil ich seit Anfang 2023 jede E-Paper-Ausgabe der „Volksstimme“ nach „Intel“
scanne, ja
durchsuche, und mir dabei auch Artikel, in denen das Wort „Intelligenz“
vorkam, als „Beifang“ ins Netz gingen. Häufig im Kontext mit KI. Interessant
war dabei auch, dass „intelligent“, abgekürzt „intel.“, öfter in Kontaktanzeigen
zu finden ist. Bei „Sie sucht Ihn“ in der Regel als Anforderung an „Ihn“ ‒ und
bei „Er sucht Sie“ als männliche Selbstbeschreibung. Ja, wer ist nicht
intelligent? Könnte man es mit natürlicher Intelligenz hinbekommen, dass ER und
SIE zueinanderfinden?
KI-Texte und Formulierungen
Zurück zur künstlichen
Intelligenz in Magdeburg. Sicher haben viele schon mit Chat GPT experimentiert,
um Texte zu erstellen. Das mache ich auch. Allerdings bringt das für diesen
Blog wenig bis nichts, außer einer einfachen Rechtschreibkorrektur und
schematisch-klischeehaften Formulierungsvorschlägen. Da bevorzuge ich die
Vorschläge meines „menschlichen“ Lektors. Für den Transformationsprozess im Rahmen
der Intel-Ansiedlung unter Beachtung der Magdeburger Randbedingungen und der
nationalen und internationalen Umstände liegt keine ausreichende Datenbasis
vor. Vielleicht wird dieser Blog einst Teil einer solchen Datensammlung.
Die beiden Hochschulen in Magdeburg
widmen sich mit neuen Berufungen dem Thema KI, oder sollte man „Artificial Intelligence“
sagen? In beiden steckt „Kunst“, und neben den technischen Hard- und
Softwareaspekten, der Suche nach Datenbasen, Algorithmen und neuronalen Netzen
gibt es, wie an den folgenden Beispielen gezeigt wird, in Magdeburg Kreise, die
sich mit dem Thema KI in der „Kunst“ auseinandersetzen.
KI-Musikkunst
Im Oktober 2023 wurde in
Magdeburg „felicitas - Festival der Künstlichen Intelligenz“ im
Gesellschaftshaus veranstaltet (About
(felicia-festival.ai), Aufruf: 28.1.24).
Organisiert wurde es vom Fachgebiet „Mobile Dialogsysteme“ unter der Leitung
von Junior-Professor Dr. Ingo Siegert von der Otto-von-Guericke-Universität und
vom Magdeburger Musikverein e. V. in
Kooperation mit der Stadt Magdeburg. Das Besondere daran war, dass hier neben professionellen
Musikerinnen, Technikern, Wissenschaftlerinnen, DJs und anderen Künstlern auch
interessierte Magdeburger Bürger in Workshops mitmachen konnten, gemeinsam mit
den heutigen Möglichkeiten der KI musikalisch experimentierten.
Ich konnte nur das
Abschlusskonzert besuchen. Geboten wurde eine Mischung aus Gesang und
elektronischer Musik, die in Echtzeit von einer KI-Instanz adaptiert, verändert
und in die „natürliche“ Soundumgebung zurückgespielt wurde, ab und zu auch als
„KI-Solo“. Die Musik erinnerte mich an die sphärische Musik der Gruppen „Tangerine
Dream“ oder „Kraftwerk“ aus den frühen 1970er-Jahren. Die Unterscheidung,
welche Musik von den Musikern „natürlich“ erzeugt wurde und welches als
KI-Ergebnis beigemischt wurde, war wegen der Gleichzeitigkeit für mich nicht festzustellen.
Das war bei der beeindruckenden Gesangsstimme von Franziska Baumann einfacher,
weil hier, wie vorher angesagt, die durch KI veränderte Stimme ausschließlich aus
den Lautsprechern in den Rückraum kam. Das war anregend für mich und zugleich
die Herausforderung, nach dem Sinn dafür zu suchen. Vielleicht rätselte man mit
dem Aufkommen der Moog-Synthesizer in den 1960er Jahren auf ähnliche Weise. Ist
das Musik? Ist das Kunst?
Zu den Unterstützern und Sponsoren
des Festivals zählte auch Intel. Es ist geplant, 2024 eine ähnliche
Veranstaltung auf die Bühne zu bringen, um den Magdeburgern wieder
künstlerische und wissenschaftliche Perspektiven auf die KI-Musik zu
ermöglichen.
KI-Kollektiv
Das Fraunhofer Institut IFF im
Magdeburger Wissenschaftshafen bietet KI-Interessierten aus allen Kreisen die
Mitarbeit in einem KI-Kollektiv (https://www.ki-kollektiv.info/,Aufruf:
28.1.2024). Hier gibt es On- und Offline-Möglichkeiten für Interessierte aus
allen Bereichen der Gesellschaft, die sich mit Hilfe der Fraunhofer
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen informieren und beraten lassen möchten.
Es geht dabei nicht nur um Chat GPT oder Musik, sondern um mögliche neue
KI-Anwendungsfälle im praktischen (Berufs-) Leben. Da die Gruppe offen für alle
ist, konnte ich im Kollektiv den Horizont meiner natürlichen Intelligenz auf
die künstliche erweitern. Die Kollektivgeister können so selbst die
Möglichkeiten und Grenzen der KI ausmachen: Was ist nur Hype, was Gerede? Hat das
praktischen Nutzen für mich? Wo lauern Gefahren?
Ich hätte Lust, eine kleine
KI-Brigade zu gründen, die sich experimentell einem neuen Literaturgenre widmet.
Vom „Creative Writing“ zu „Artificial Writing“? Vielleicht müsste man wie bei
der „Augmented Virtual Reality“ auch den Begriff „Augmented Artificial Intelligence“
einführen. Aber wie ich gerade im Internet finde: AAI ist schon ein alter Hut. Kenneth
Goldsmith muss sein Buch „Uncreative Writing“ (Verlag Matthes & Seitz Berlin,
Deutsche Ausgabe 2017, englisches Original 2011) in einigen Passagen
überarbeiten.
KI-Theater
gab es auch im Schauspielhaus
an der Magdeburger Otto-von Guericke-Straße. Im Januar 2024 war die vorläufig
letzte Aufführung von „Das Leben ist ein Traum“. Der Klassiker des spanischen
Dramatikers Pedro Calderón, 1635 in Madrid uraufgeführt und seitdem in vielen Inszenierungen
bis heute lebendig geblieben, verhandelt wichtige Menschheitsfragen: Was macht uns
aus? Was ist der freie Wille? Was ist Schicksal?
Die Frage „Welche Rolle spielt
heute dabei die KI?“, haben sich auch die Theatermacher und Macherinnen
gestellt haben. Ich war sehr gespannt auf die Vorstellung und die Antworten.
Meine Befürchtung, den
Klassiker als moralinsaures Stück präsentiert zu bekommen, mit naheliegenden
Klischees und Metaphern, wurde zum Glück nicht bestätigt. Die gelungene,
kurzweilige Mischung aus Ernst und Humor entlang der ursprünglichen Stückstruktur wurde auch überregional sehr
positiv bewertet (Das Leben ein Traum – Theater Magdeburg –
Das neue Leitungsteam holt Calderóns Text mit KI und klugem Klamauk ins Hier
und Jetzt (nachtkritik.de,
Aufruf: 28.1.2024). Die Inszenierung von Clara Weyde (Regie),
Bastian Lomsché (Stückfassung und Dramaturgie) und Clemens Leander (Kostüme)
zeigte, wie das Thema KI die Gesellschaft berührt, und wie nicht. Zum Schluss beantwortet
der „KI-Geist“ im Körper des Homunkulus die Fragen kurz und bündig: „Bleibt
menschlich, macht Fehler!“
Nach der Vorstellung gab es eine Gesprächsrunde
mit Publikumsbeteiligung. Auf dem Podium saßen Professor Ingo Siegert und Matthias Busch von der Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg (vom oben beschriebenen Projekt „felicitas“) sowie Bastian
Lomsché, der Dramaturg des Stückes, der übrigens auch bei den „felicitas-Beteiligten“
aufgeführt war. Für mich schloss sich der Kreis, als klar wurde, dass die
KI-Experten der Uni auch beratend an der Theaterstückentwicklung beteiligt gewesen
waren.
Da die beiden Wissenschaftler auf
KI-Anwendungen von Tönen und Stimmen spezialisiert sind, wurden dazu
Live-Demonstrationen durchgeführt: Ein Schauspieler und eine Schauspielerin
spielten eine kurze Szene aus „Das Leben ist ein Traum“. Mittels KI-Laptop
wurden ihre Stimmen gesampelt, verändert und wieder abgespielt, so dass zum Beispiel
die Schauspielerstimme ins Englische automatisch übersetzt und zugleich mit der
Stimme vom Mel Gibson wieder abgespielt wurde. Jemand aus dem Publikum merkte
an, dass es nicht ganz fehlerfrei wäre, ein deutscher Akzent sei noch zu hören.
No AI Buddy is perfect! Oder menschelt KI?
Es folgten noch spontan noch weitere
Experimente mit den Stimmen einzelner Zuschauerinnen. Das Publikumsinteresse
war groß und es ergaben sich noch interessante Diskussionen und Fragen. So zum Beispiel,
ob Betrüger mit KI die Enkeltricks am Telefon noch perfekter gestalten könnten.
Können sie noch nicht.
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