Mittwoch, 31. Januar 2024

# 037 … da kommt etwas in Bewegung – Januar 2024

Las Vegas, Davos, Magdeburg und KI

Magdeburg mit Intel – oder sollte man besser sagen: Intel mit Magdeburg? – bewegt, treibt weltweit das Branchenthema „1,5 Nanometer-Technologie“ oder „18 Å“ (Ångstström), wie es bei Intel heißt. So in Las Vegas auf der CES, der Consumer Electronics Show, das ist die weltgrößte Elektronikmesse, und in Davos auf dem WEF, dem World Economic Forum. In Magdeburg soll demnach die weltweit erste Chip-Produktion in der 1,5 Nanometer-Technologie zum Einsatz kommen. Das hat auch in vielen internationalen Internetforen über die Halbleitertechnologie Aufmerksamkeit erzeugt, in denen die Umsetzung dieser Strategie vom Intel CEO Pat Gelsinger überwiegend positiv bewertet wird. Gleichzeitig sprang Intel Ende 2023 mit der Präsentation des Intel Xeon der 5. Generation“, eine für die KI optimierte CPU (Prozessor), auf den KI-Zug auf und pusht mit der geplanten Produktpalette, dem „AI ecosystem“ zu Deutsch „Öko-System“ global das Tempo der KI-Bewegung. Mit „Öko“ ist die wirtschaftliche Ökonomie gemeint.

Quelle: LinkedIn - Pat Gelsinger Abruf 31.1.24

Es sei ihm ein Vergnügen gewesen, schreibt Pat Gelsinger auf LinkedIn, mit Klaus Schwab auf dem World-Economic-Forum die Wechselbeziehung zwischen Chips und KI zu diskutieren, über die Bedeutung des verantwortungsvollen Umgangs mit Technologie und darüber, wie die Intel Corporation weltverändernde Technologien entwickelt, um das Leben aller Menschen auf dem Planeten zu verbessern.

Kaum zu glauben, wird sich so mancher, gerade nicht zu euphorischem Optimismus neigende Magdeburger denken. Verständlich, das ist schon ein recht anspruchsvoller Vorsatz vom Intel CEO und sollte daran erinnern, dass nicht alle Probleme der Menschheit von Chips und KI gelöst werden können.

 

Moore‘s Law is moving

Intel kommt in Bewegung durch die Aufholjagd im  Wettbewerb: Mit der Präsentation der Roadmap „5N4Y-Plans“ (5 Nodes in 4 Years) für eigene Produkte und einem Foundry-Event im Februar 2024 will Intel sich bei potenziellen Kunden auch als Fertigungsdienstleister für Chips anbieten, die nicht von Intel konzipiert, designt und vermarktet werden. (Was kommt nach Intel 18A?: Neue Roadmaps für die Intel-Fertigung am 21. Februar - ComputerBase  Aufruf: 28.1.2024) Ich vermute, 
Quelle: computerbase.de Abruf 31.1.24
dass durch die Produktstrategie und das Event Weichen für die langfristige Auslastung der Magdeburger Chip-Fabs gestellt werden könnten. Das Tempo der geplanten Intel-Entwicklung nähert sich so wieder dem „Mooreschem Gesetz“ des Intel-Mitgründers Gordon Moore an, der schon in den 1960er-Jahren prognostizierte, dass sich die Integrationsdichte im Zeitraum von jeweils 2 Jahren vordoppeln werde. Ob Intel damit NVIDIAs Dominanz im KI-Chip-Markt Paroli bieten kann, wird sich zeigen.

 

Bewegung beim Personal

Hat Intel auch im Laufe 2023 in den Vereinigten Staaten im Rahmen eines Kostensenkungsprogramms ca. 700 Stellen abgebaut (nach https://www.smbom.com/news/13010

Quelle: MDR.de Aufruf 31.1.24

, Aufruf:  28.1.2024), wird dafür intensiv das internationale Recruiting nach qualifizierten Halbleiter-Fachleuten für Magdeburg betrieben. So äußerte sich Mila Wilson, von Intel in München, sie ist ausschließlich zuständig für die Personalbeschaffung in Magdeburg, schon Ende September 2023 mir gegenüber. Auf LinkedIn.com mehren sich die internationalen Ausschreibungen, explizit für den Standort Magdeburg. Auch im Ausbildungsbereich sollen ab September 2024 bis zu 20 Mikrotechnologen in Magdeburg von Intel ausgebildet werden. Ein Teil der Ausbildungen wird in ausländischen Intel-Werken erfolgen.


Erdbewegungen

„Wohin mit 80.000 Lkw -Ladungen Bördeboden?“, fragt die HTP, die HighTech Park GmbH des Landes Sachsen-Anhalt, die neuerdings für die Erschließung des Intel-Ansiedlungsareals zuständig ist, in der „Volksstimme“ und bittet um Vorschläge. Ich war vor einem Jahr in meinem Blog-Beitrag (# 001 Archäologie vom Ende zum Anfang – Januar 2023) mit meiner Hochrechnung auf eine ähnliche Größenordnung gekommen. Sollte das Abfahren des Bodens, wie zu hören war, innerhalb eines Vierteljahres bewerkstelligt werden müssen, wären das pro Arbeitstag circa 1.200 LKW-Ladungen. Für das Wohin hatte ich schon in meinem Blogbeitrag ( # 030 Intel-November 2023 - Pläne - Das Urteil - A oder B einen (nicht so ernst gemeinten) Vorschlag gemacht, nämlich den  einer Aufschüttung zu einer Börde-Pyramide.

 

Langsame Bewegung

So kommt die HTP – vorerst ausgestattet mit 250 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt – langsam in Bewegung, hat man doch durch das nicht gelungene Miteinander der Partner Magdeburg, Sülzetal und Wanzleben wertvolle Zeit verloren. Wie die Abgrenzung der HTP GmbH gegenüber Magdeburg aussieht, erschließt sich mir noch nicht. Welche Verpflichtungen, denen Magdeburg bislang nachkam, werden von der HTP übernommen? Welche Kosten werden von wem übernommen? War das der Grund, dass mir bei der Verfolgung der Haushaltsaufstellungen für 2024 im Magdeburger Stadtrat immer wieder ein Posten „Intel“ auffiel, der zunächst zurückgestellt werden sollte? *)

*) Nachtrag am 1.2.2024: Es handelt sich um den "Deckungskreis HTP", der über mehrere Jahre mit Ein- und Ausgaben, z.B. für Grundstückskäufe und Verkäufe, ausgeglichen sein soll (plus/minus "Null"), so dass es die "normalen" Jahreshaushalte der Stadt nicht betrifft. 

(Danke für die Klarstellung: Mirko Stage, Stadtrat future! Magdeburg und Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr.)

 

Noch keine Bewegung

ist bei der Offenlegung von Fakten und Daten erkennbar, die eine Einschätzung von außen bezüglich der Ressourcenverbräuche sowie Ver- und Entsorgung und konkreter Bauplanungen zulassen. Das ist aus meiner Sicht noch ein „Closed Shop“. Das gilt nach meinem Eindruck nicht nur für Intel, sondern auch in Richtung Stadtrat und Verwaltung. Es müssten aber, sollte der Baubeginn noch in 2024 erfolgen, mit den öffentlichen Auslegungen
**) und Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) in den nächsten Monaten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Immerhin ist bislang von allen Beteiligten eine hohe Transparenz versprochen worden.

**) Nachtrag 1.2.2024: Die öffentliche Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplanes Nr. 353-2 "Eulenberg" fand in der Zeit vom 10. Januar 2022 bis einschließlich 9. Februar 2022 statt. Umweltbericht, Baugrundvoruntersuchung, faunistische Untersuchung, Schallgutachten, verkehrstechnische Untersuchung und Ähnliches liegen vor und waren Bestandteil der Auslegung. Der Bebauungsplan wurde in öffentlichen Sitzungen vom Ausschuss für Umwelt und Energie am 24.05.2022 empfohlen, vom Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr am 02.06.2022 empfohlen und vom Stadtrat am 09.06.2022 beschlossen.
(Danke für die Klarstellung: Mirko Stage, Stadtrat future! Magdeburg und Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr.)

Gegenbewegung

Aufgeschreckt durch die Enthüllungen des Recherchenetzwerkes CORRECTIV über ein ungeheuerliches rechtsradikales Treffen in Potsdam im November 2023 (Geheimplan gegen Deutschland (correctiv.org), Aufruf: 28.1.2024) stellt sich nicht erst seitdem die Frage, wie das auf ausländische und Menschen jüdischen Glaubens wirkt, die in Magdeburg leben und auf die, die noch kommen werden, um die Magdeburger Chip-Fabs aufzubauen und zu betreiben. Ich vermute, dass Bewerber und Bewerberinnen beim Lesen der internationalen Stellenausschreibungen für Magdeburg zweimal überlegen, ob Magdeburg tatsächlich für sie ein Willkommensort ist.



Quelle www.einestadtfueralle.info Aufruf 31.1.24

Kann die aktuelle bundesweite Bewegung von Millionen Menschen gegen die rechtspopulistischen Tendenzen ein positives Zeichen setzen? Hoffnung macht die gutbesuchte, gerade abgelaufene jährliche Magdeburger Aktion „Eine Stadt für alle“ vom 15. bis 27. Januar 2024 mit vielen kleinen und großen Veranstaltungen und Demonstrationen. Kann diese Gegenbewegung weiter aufrechterhalten werden? Die Aufmärsche der Rechten anlässlich des Gedenktages am 16. Januar (Bombardierung und Zerstörung Magdeburgs am 16. Januar 1945) konnten seit einigen Jahren durch das Engagement der Magdeburger und Magdeburgerinnen verhindert werden. Wie Potsdam gezeigt hat, müssen den Rechten weiter Grenzen gesetzt werden.


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