- Muss Intel Subventionen zurückzahlen?
- Regierung verlangt vom Konzern Garantien
- Intel muss Zugeständnisse machen
- Was zwischen dem US-Chipkonzern und dem Bund vereinbart wurde
- Kommentar Geben und Nehmen
- Von Florida nach Alte Neustadt
- Wie der Amerikaner Al Kupetz seine Liebe für Deutschland und Magdeburg entdeckt
- Uni informiert auf Youtube Noch Plätze frei für angehende Halbleiterexperten
- Stadt startet eigene Intel-Seite
- OB Borris über ihr erstes JahrFür Intel aus Taiwan und Israel nach Magdeburg
- Geldpolitik Aus dem Revier: Wann gibt es wieder Zinsen?
- AfD-Aufschwung und Ampel-Streit
- Deutschland braucht 1,5 Millionen Zuwanderer
- Vorschlag von Wirtschaftsweiser Schnitzer zum Fachkräftemangel:
- Behördenmitarbeiter sollen Englisch können
- Land fordert ICE-Züge für Magdeburg
- Verkehrsministerium beantragt wegen Intel neue Schnellbahn
- Haseloff erwartet grünes Licht von EU für Intel Sachsen-Anhalts
- Ministerpräsident in Brüssel
- Kommentar Raus aus der Provinzliga
- Intel-Seite nun Freigeschaltet
- Von einer Millionenmetropole an die Elbe
- Ökonom kritisiert Intel-Strategie Marcel Fratzscher:
- Ansiedlung wäre auch günstiger zu haben gewesen
- Neuer Partner in den USA möglich (Partnerstadt)
- Pio Lombardi tauscht Mittelmeer gegen Elbe
- Sioux Technologies kommt ab Oktober in die Börde
- Intel-Park vor Gründung
- Neuer Staatssekretär für Bildung
- 167 neue Wohnhäuser in Magdeburg
- EU-Parlament billigt Gesetz zur Chip-Förderung
- Staatssekretär tritt Dienst am 17. Juli an
- Intel lockt erste Spitzenforscher an Unternehmen „Sioux“
- Kommentar Intel zieht
- Habeck rechtfertigt Intel-Förderung
- Grüne wollen mehr Fernzüge für Dessau
- „Das Dach brennt lichterloh!“ Wohnungsunternehmen
- 1968 - Intel wird von Gordon E. Moore und Robert gegründet
- Überzeugter Wahl-Magdeburger
- Radtouren durch Magdeburg und Umgebung
- Magdeburg bei Wachstum nur auf Platz zwei
- Von den Bergen in die flache Börde
- Posten-Affäre: Mitarbeiter schlug Vorab-Gespräch vor
- Kommentar Wirtschaft braucht Toleranz
- Die Schwierigkeit beim Berichten über Unternehmen
- Intel kehrt in die Gewinnzone zurück
- Chip-Gigant profitiert von besseren Geschäften im PC-Markt
Transformation in Echtzeit: Hoffnungen, Skepsis, Freude und Sorgen der Magdeburger und Magdeburgerinnen begleiten die Ansiedlung von Intel-Chip-Fabriken. Wie verändert sich Magdeburg dadurch? Seit Januar 2023 beobachte ich monatlich den Transformationsprozess im Kontext der Ereignisse in Politik und Wirtschaft, mal journalistisch, dann wieder satirisch oder in kleinen Storys. Auch die Technologie spielt eine Rolle. Ich danke Albrecht Franke für die Unterstützung bei der Abfassung der Texte.
Sonntag, 30. Juli 2023
# 021 Volksstimme-Schlagzeilen im Juli 2023
Samstag, 29. Juli 2023
# 019 Im Juli 2023 nachgeschaut, gezeigt und erwischt … aber „inteln“ wir nicht alle?
19 Im Juli 2023 nachgeschaut, gezeigt und erwischt … aber „inteln“ wir nicht alle?
Dazu passte
auch der Hinweis in der „Volksstimme“ vom 17. Juli 2023 zu Änderungen von
bisherigen Fahrradtour-Vorschlägen:
„Im Süden
Magdeburgs baut Intel eine Computer-Chip-Fabrik. (…). Teile der Strecke auf den
Feldwegen zwischen der Baumschulensiedlung und Ottersleben sind aber inzwischen
gesperrt. Diese Route hat also in Teilen eher historischen Wert.“ So schnell wird auch eine Radtour „Geschichte“.
Show, don‘t
tell! Mitte Juli 2023
Sam
Gurwitt, amerikanischer Journalist und Schriftsteller, ist über diesen Blog hier
„gestolpert“. Er wollte mehr Hintergrundwissen dazu und Magdeburg und
Magdeburger kennenlernen. So trafen wir uns an Ort und Stelle.
Was sollte
ich ihm erzählen? Ich entschied mich fürs Zeigen. Wir waren auf Bikes
unterwegs, da war ein ausführlicher Exkurs über Magdeburg und das Deutsche
nicht möglich und auch nicht notwendig, da Sam, so um die 30 Jahre jung, schon
seit einiger Zeit in Leipzig seine Fahrradrunden dreht. Ich platzierte gleich
meinen autobiografischen Hinweis, dass ich gebürtig aus der Fahrradstadt
Münster komme. Unsere Etappen sahen dann so aus:
„Il
Capitello Espressobar“: Erstmal Tee und Cappuccino an der Ecke Domplatz/Kreuzgangstraße
einnehmen und schauen, wer in Nachbarschaft des Hundertwasser-Hauses und des Landesparlaments
aus Politik und Kultur just dort verweilt. Von da hatten wir den Rundumblick
auf über tausend Jahre Architekturgeschichte. Dort schmiedeten wir die Agenda
des Tages und ich bedachte die ersten Antworten auf Sams Fragen zu meinem Blog,
wie zum Beispiel: Wie soll er die monatlich von mir zitierten Schlagzeilen aus
der „Volksstimme“ verstehen, die inhaltlich scheinbar nichts mit Intel zu tun
haben? Wir kreierten gemeinsam das Verb „inteln“ als Synonym dafür, wenn jemand
einen in die Zeit passenden, vermeintlichen Grund vorschiebt – in diesem Fall die
„Intel-Ansiedlung“ – um in seinem Sinne für eine Sache zu argumentieren, die
eigentlich nichts, oder nur sehr wenig – mit dem vorgeschobenen Grund zu tun
hat. So könnte nicht nur in diesem Fall „inteln“ zu einem treffenden
Neologismus für solche Vorgänge werden.
Elbtreppe
am Domfelsen: Blick auf die Elbe, ein Treffpunkt junger Menschen aus vielen
Nationen. Der Niedrigwasserpegel bei ca. 60 Zentimeter, so waren wir gleich bei
der Wasserproblematik und meinem Blogbeitrag vom März 2023: „Die zweite Meinung
in einem Zuge“, ab Seite 10. Demnach soll – etwas vereinfacht ausgedrückt – selbst
bei diesem niedrigen Wasserstand nach Expertenansicht das Wasserabzapfen für
Intel aus dem Umfeld der Elbe nicht kritisch sein.
Der jemals
gemessene Maximalpegel war im Jahr 2013 bei 753 Zentimetern – und ließ mich
damals endgültig Magdeburger werden. Wie sich da der Fluss gefühlt haben muss,
zeige ich Sam live mit meiner Performance „Ich, der Fluss“ („… die Ufer
brechend, nicht mehr innehalten, nicht mehr aushalten können, die drückende
Flut …“), die ich auch schon als „Me, the river“ bei Marc Kelly Smith, dem Godfather
of Poetry Slam, in Chicago präsentiert habe.
Erich Weinert in Buckau: Wir radeln am Palais am Fürstenwall vorbei, heute Staatskanzlei und Amtssitz des Ministerpräsidenten. Bis 1989 „Haus der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft“, seit 1953 namentlich auch „Erich-Weinert-Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“. Im ehemaligen Arbeiter- und Industriestadtteil Buckau, im Hinterhof des jetzigen Literaturhauses und Geburtshauses des Schriftstellers und Kommunisten, Lyrikers und Politikers, steht sein Denkmal. Erich Weinert ist ein Symbol für die sozialistische Vergangenheit, für die Arbeiterklasse und zugleich für einen Teil der offiziellen DDR-Kulturpolitik. Das Denkmal stand früher an einem exponierten Ort in der Stadt. Dieses Für und Wider wird auch in Weinerts Gedicht „Vernunft“ deutlich, das ich für Sam im Schatten der Weinert-Statue rezitiere.
„Vernunft“
aus „Rhythmische
Gespräche“ von Erich Weinert
aus „DIE
KUGEL – ZEITSCHRIFT FÜE NEUE KUNST UND DICHTUNG“ 1920, Seite 10 - Magdeburg
Wohin
ich mich auch wende,
immer
fühl ich deinen sorglichen Tantenblick,
Begleiterin
Vernunft!
Aller
Bewegung
schreibst
du die Grenzen vor;
biegst
du zurück ins Endliche;
dem
aufflügelnden Geist
legst
du Fangschlingen.
Alles
Ewige
zerschneidest
du sorglich in Zeit,
alles
Unendliche
in
Räumlichkeit
Dem
freien Gedanken schleuderst du,
wenn
er über den Schlünden edel schwebt,
deines
Neides sichere Pfeile nach.
Die
Gottheit hat dich bestellt
zur
Ordnerin
Du
hast Maß gelegt an alle Dinge.
Du
zerstachst der Ewigkeit
die
stürmende Ferse
Feindin des Maßlosen!
SKET
– Heavy Spurensuche:
„Schau
mal, da oben“, macht mich Sam aufmerksam darauf, dass wir beobachtet werden. Von
einem der alten Gebäude schaut uns böse ein Eisen-Mann an. Will er in Ruhe
gelassen werden?
Stadtfeld: Bürger
und Handwerker-Szene: Kontrastprogramm. Über die „Fahrradautobahn“, also auf
den gut ausgebauten Fahrradwegen des Grüngürtels entlang der alten
Festungsanlagen, wie dem Glacis, transformieren wir uns in den Stadtteil
„Stadtfeld“. Um 1900, zu Kaiser Wilhelms Zeiten erbaut, findet man hier noch
viele der nicht im Krieg zerstörten großen Bürgerhäuser. Hier lebt heute der so
genannte akademische Mittelstand, junge Familien mit Kindern, auch zum Teil die
alternative Szene. Einen kleinen Überblick über diese Klientel erhalten wir am
Eingang des großen Bioladens mit angeschlossenem Restaurant. In einer Auslage finden
wir Flyer zu Yogakursen, Heilpraktikern und Naturheilkunde, Visitenkarten von Psychologinnen
und Spezialtherapeuten, zu Selbsthilfegruppen, über alternative Medizin, vegane
Ernährung etc.
Nach unserer Mittagspause will ich Sam im Antik- und
Raritätenladen um die Ecke kurz den Temponauten Kalle vorstellen (siehe dazu
den Blog-Beitrag vom Januar 2023, ab Seite 9), der aber zu meiner Verwunderung wegen
eines Gespräches mit einem Kunden diesmal überhaupt keine Zeit für uns hat.
Anschließend interviewen wir einen bodenständigen Tischlermeister,
der im Stadtfeld eine handwerkliche Produktion betreibt (siehe auch „123 Jahre
handwerkliche Transformation“, im Juli-2023-Blog, wo auch das Thema Intel kurz
aufblitzt). Eine spontane Umfrage unter Stadtfelder Passanten „Was halten Sie
von der Intel-Ansiedlung“, schließt sich an, danach verabschiedet sich Sam, der
mit dem Fahrrad Richtung Bahnhof muss. Weiterreise für ihn.
Allein gelassen,
war mein Drive passé, die Luft raus, und ich fiel in eine melancholische
Sommerstimmung (siehe auch „Intel-Umfrage kippt in die Sommerpausenstimmung“ im
Juli-2023-Blog). Dabei hätte meine Da-Da-Performance „Das Klagelied
einer einsamen Straßenbahnschiene“, die am unscheinbaren Olvenstedter Platz im
Stadtfeld spielt, dort so gut gepasst, gerade im Gegensatz zu den
Nachtschweißern am prominenten Hasselbachplatz.
Jetzt habe ich
auch mal etwas „geintelt“, um so meine Performances hervorzuheben. Ich lerne,
dank Intel, täglich dazu.
# 020 - Im Juli 2023 ein Blick auf 123 Jahre handwerkliche Transformation - ein Blick von außen
Von der uralten gusseisernen Presse zum modernen CNC-Holz-Bearbeitungszentrum
- Handwerkliche Produktion und Tradition nebeneinander
im Stadtfeld
Herbert
Beesten für „Mein Stadtfeld“: Ich habe den Eindruck, dass das, was Sie hier im
Stadtfeld machen, nicht so viele machen.
Frank H.: Ja,
wir sind damit hier fast allein. Es haben viele Handwerker aufgegeben, so sind
insgesamt nur noch wenige da, und wir sind hier in Stadtfeld-Ost, glaube ich,
die letzten, die auch noch produzieren. Viele Tischlereibetriebe machen
heutzutage nur noch Montagen.
Wie
schaffen Sie das, es ist ja bestimmt nicht einfach?
Frank H.: Wir
haben rechtzeitig investiert, auch in moderne CNC-Maschinen und produzieren
hier im Hinterhaus in eigenen Räumen, die unsere Altvorderen und wir bereits
seit 1900, also in der 5. Generation, als Tischlerei nutzen. So können wir noch
einigermaßen mit dem Handel konkurrieren, außer, wenn z.B. die Tischlereien der
Justizvollzugsanstalten oder der Behindertenwerkstätten – wie beim neuen
Justizzentrum an der Halberstädter Straße – als Wettbewerber auftreten. Die
können wegen des Lohngefüges natürlich günstiger anbieten.
Wo ich
herkomme, da sagt man Schreiner, nicht Tischler. Was ist der Unterschied?
Gerlinde H.:
Ich habe gleich an Ihrer Aussprache gehört, dass Sie von woanders kommen. Aber
da gibt es keinen Unterschied. Wir sagen hier ja auch Fleischer und Sie dagegen
vielleicht …
… Metzger! Und
unsere Frikadelle ist bei Ihnen …
Gerlinde H.: …
die Bulette, genau!
Also alles
sind Meatballs, stellt Sam fest. Anderorts auch Klops oder Fleischpflanzl,
ergänze ich. Aber wir kommen vom Thema ab.
Frank H.: Ich
weiß auch nicht, von wo sich das Wort „Schreiner“ begründet, bei Tischler ist
es ja klar, weil er Tische baut.
Gerlinde H.:
Das kommt wahrscheinlich von „Schrein“, also von Schrank.
Schrein
könnte auch auf Sarg hindeuten, die haben die Schreiner früher auch hergestellt,
auf dem Dorf zumindest. Bauen Sie auch Särge, also Totenschreine?
Frank H.:
Nein, Erdmöbel haben wir noch nie gemacht.
Auf Ihrer
Homepage habe ich gesehen, dass die Holzverkleidungen, außen am neuen Hotel
„Das Elb“ im Stadtpark, aus Ihrem Hause kommen. Das sieht ja architektonisch
beeindruckend aus, wie ein auf Stelzen stehendes Kreuzfahrtschiff.
Tim H.: Ja,
und auch im Innenausbau haben wir einiges gemacht.
Da fällt mir
mein Projekt „Kulturfrachtschiff“ ein, das ich zur Kulturhauptstadtbewerbung
als Bühne für die freie Kulturszene auf dem Domfelsen vorgeschlagen hatte. Das
Thema Kulturhauptstadt ist ja leider passé. Aber vielleicht wird das
Kulturfrachtschiff früher oder später mit Hilfe eines Sponsors doch noch
Realität. Aber da braucht man jemanden, der so etwas auch bauen kann. Trauen
Sie sich so etwas zu?
Frank H.: Wie
soll das denn aussehen?
„Rein
zufällig“ habe ich hier auf meinem Handy einige Zeichnungen, Bilder, sogar ein mit
Virtual Reality animiertes Video und in meinem Atelier auch ein reales Modell
aus Holz im Maßstab 1:100. Sie können sich das auch alles unter www.kulturfrachtschiff.eu genau
ansehen.
Tim H.: Sehr
interessant und visionär, das wäre wirklich ein tolles Projekt und eine
Herausforderung. Aber Schiffe bauen wir nicht.
Es hat nur die
futuristische Form eines Schiffes, genau besehen, ist es ein Bühnenraum, der
auf kleinen Stelzen auf dem Domfelsen stehen soll.
Frank H.: Ach
so. Dann braucht man einen Architekten, der das plant, dann trauen wir uns das
zu und hätten Spaß daran: Unten ein Stahlrahmen, den Baukörper als
Holzständerwerk und lackierte Holzflächen außen. Und bei drohendem Hochwasser
kann man es, wie die alten Rayon-Häuser hier im Stadtfeld, abbauen, danach
wieder aufbauen. Aber wenn das Kulturfrachtschiff circa 50 Meter lang werden
soll, kostet das einiges, aber dafür bringen wir gerne als Sponsoren-Schild
„Intel“ an.
Kommen wir gedanklich
zurück in die Arndtstraße. Auch wenn hier offiziell baurechtliches Gewerbe
zugelassen ist, ist das doch gefühlt eher ein Wohngebiet. Gibt es dadurch
Probleme?
Gerlinde H.:
Nein, eigentlich nicht. Sicher gibt es ab und zu Maschinengeräusche, aber die
Nachbarschaft kennt und akzeptiert das, immerhin ist unsere Tischlerei seit 123
Jahren hier ansässig und der Schallschutz moderner Isolierfenster hilft auch.
Wir betreiben schon seit 30 Jahren eine nachhaltige Heizungsanlage für die
Werkstatt und das große Wohnhaus – also lange vor der aktuellen
Energiediskussion – preis- und umweltgünstig mit unseren Holzspänen. Der
Schornsteinfeger und das Umweltamt überwachen regelmäßig alle Anlagen und
Emissionen.
Für welche
Kundschaft arbeiten Sie?
Frank H.: In
der letzten Zeit öfter überregional für Arztpraxen und medizinische
Einrichtungen. In diese Branche sind wir durch Empfehlungen gut eingeführt.
Gerade statten wir eine Radiologie Praxis in Nürnberg aus.
Und hier in
Magdeburg selbst?, will Sam wissen.
Gerlinde H.:
Ja auch, vor allem ältere und langjährige Kunden hier aus dem Stadtfeld können
wir als Stammkunden bezeichnen, weil wir noch Sachen in Ordnung bringen. (Sie
weist auf einige Gegenstände am Eingang.) Da, sehen Sie, dieser Schubkasten
und Nähschrank warten auf eine Reparatur, typisch sind die beiden alten Stühle,
die aus dem Leim gegangen sind. Das macht sonst fast keiner mehr.
Wir arbeiten
auch alte Möbel auf, wie z.B. diesen alten wuchtigen Schreibtisch, an dem wir
hier sitzen.
Was
erwarten Sie von der Intel-Ansiedlung?, will Sam weiterwissen.
Frank H.: Wir
sind auch Wohnungsvermieter und wissen, dass die Nachfrage nach günstigen
Wohnungen gerade hier im gewachsenen Stadtfeld mit dem guten Wohnumfeld
zunehmen wird. Wir sind durch unsere über 120-jährigen Firmengeschichte auf
Veränderungen und neue Einflüsse gleichsam „genetisch“ vorbereitet. Die Gründerzeit
und die Weltwirtschaftskrise
wurden durchlebt, wir konnten auch in DDR-Zeiten privatwirtschaftlich bleiben.
Dann die Wende, da hat sich auch technisch viel verändert. Wir haben schon
früher mit Materialengpässen und einer schwierigen Stromversorgung zu kämpfen
gehabt.
Tim H.: Schöne
Beispiele dafür sind unsere über 123 Jahre alte gusseiserne Holzpresse, die
Furniere aufbringt, und unser neustes CNC-Holzbearbeitungszentrum zum
automatischen Bohren, Fräsen und Sägen in einem Arbeitsgang, das zeige ich
Ihnen, wenn Sie möchten.
Gern.
So machen wir uns auf den Weg. Es geht vorbei an den Meisterbriefen der Vorbesitzer Arthur und Wolfgang und auch des heutigen Meisters Frank Heine, an einem Schwarz-Weiß-Bild von 1934, auf dem genau diese drei – Frank ist noch ein kleiner Junge – zu sehen sind, in das Werkstattgebäude im Hinterhof und erhalten kurze Vorführungen der beiden Arbeitsgeräte, die unterschiedlicher nicht sein können.
Hier arbeiten neben Tischlergesellen auch zwei Auszubildende. Einer davon macht gerade seine Prüfung und wird übernommen. Ein neuer Lehrling beginnt im September seine Ausbildung. Er hat vorher ein Praktikum im Betrieb gemacht, damit er ein realistisches Bild vom Tischlerberuf bekommt und durchhält. „Nur: ‚Ich will irgendwas mit Holz machen, reicht bei uns als Berufsmotivation nicht aus‘“, so Tischlermeister Frank Heine.
Wir bedanken
und verabschieden uns. Ich glaube, Sam hat einen authentischen und
überzeugenden Blick ins deutsche Handwerk erhalten.
Weitere Infos
zum Tischler-Betrieb: siehe auch www.tischlerei-heine-magdeburg.de
Mittwoch, 19. Juli 2023
# 022 Intel-Umfrage im Juli 2023 kippt in die Sommerpausenstimmung
Sommer verdrängt das Stadtgespräch
- Schweifen zwischen Schelli und Schrote
Ich bin weiter
mit Sam Gurwitt in Magdeburger Bezirk Stadtfeld unterwegs. Wir möchten noch
eine kleine Zufallsumfrage zum Thema „Intel“ machen.
Vor einer
Bäckerei am Schelli (populäre Kurzbezeichnung für den Schellheimerplatz) sitzen
ein paar Menschen mittleren Alters.
Mein Stadtfeld: Was
sollten Amerikaner im Stadtfeld entdecken?
Antonio: Hier
den Landbäcker, als den Kiezbäcker, auf jeden Fall!
Wie sehen
Sie die Intel Ansiedlung?
Antonio: Da
bin ich ganz ehrlich, da kann ich nicht mal was zu sagen, weil ich mich damit
überhaupt nicht beschäftige, das ist überhaupt nicht mein Ding, Computer und
so.
Miriam: Soll
das nicht da gebaut werden, wo die Metro ist?
Nein,
hinten raus, Süd-Osten, noch hinter Ottersleben und hinter der Autobahn
Antonio: Ah,
da wo Amazon ist, ja?
Ja, in
etwa, aber Amazon ist auf Osterweddinger Gebiet, also Gemeinde Sülzetal. Das Kerngebiet
der Intel-Ansiedlung ist auf Magdeburger Gebiet. Eulenberg heißt das.
Miriam: Ach so
Zwei junge
Mütter am Rand des Schelli-Spielplatzes
Wie sehen
Sie die Intel Ansiedlung?
Kati: Es ist
spannend, was daraus gemacht wird. Wenn natürlich alles teurer wird, die Mieten
zum Beispiel, weil die Vermieter meinen, sie könnten die Preise anziehen, weil
ein großer Wirtschaftsfaktor da ist, das wäre das falsche Signal. Aber wenn
Sachsen-Anhalt dadurch in Deutschland und in der Welt besser gesehen wird, dann
ist das schon gut.
Jessi: ich weiß gar
nicht Bescheid, ich komme aus Dresden.
Magdeburg
stand ja im Wettbewerb zu Dresden. Sind Sie sauer, dass Intel jetzt nach
Magdeburg kommt?
Jessi: Davon
weiß ich nichts.
Sam: Als
Person, die sich nicht speziell mit Intel beschäftigt. Was bekommt man als
„normale“ Magdeburgerin von dem Thema mit? Hört man viel davon? Spricht man
darüber?
Kati: Ich lese
bewusst zu dem Thema, z.B. in der „Volksstimme“ oder höre beim MDR zu, wenn da
etwas zu dem Thema kommt. Mein Mann war durch seine Tätigkeit im
Stadtplanungsamt schon früh damit beschäftigt, so dass ich auch früh wusste,
dass ein großer Investor kommen soll. Da lese und informiere ich mich bewusst
zu dem Thema und warte nicht, bis mir das irgendjemand erzählt.
An den 5-jährigen
Julian, Sohn von Kati, im Sandkasten: Was findest du gut an Stadtfeld?
Julian: Den
Eisladen
Warum
Weil es da so
viel Eis gibt.
Hast du
schon mal was Intel gehört?
Nööö
Ich verabschiede
mich von Sam, der mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren muss. Er hat im Umland
noch einen Termin für seine Intel-Recherche.
Ich spreche
einen älteren Passanten an:
Herr P.: Ich
habe hier im Stadtfeld mal vor 50 Jahren gewohnt, ich schau mir das ab und zu
noch mal an. Einiges ist ja noch wie damals, aber es ist auch viel Neues da
oder es hat sich einfach verändert. Ich wohne jetzt in einer anderen
Magdeburger Ecke.
Was für
eine Meinung haben Sie zu Intel?
Herr P.: Intel?
Ich hab davon gehört, … aber …kann sicher nicht schaden, für die Stadt, aber
für die paar Arbeitsplätze ist das ne Menge Geld, das kann man auch für andere
wichtigere Zwecke ausgeben, … ist meine
Meinung.
Was wäre
für Sie wichtiger?
Ja, vieles. Es gibt so viel Sachen, die wichtig sind. So viele Milliarden, um die anzulocken und wer weiß, ob die wirklich 20 Jahre hier produzieren oder wieder woanders hingehen. Man weiß es nicht. Es kann gut sein, für die Stadt, aber wenn die Leute anlocken, werden die Wohnungen knapp, nachher weiß man das, vorher nie. Dann geht guter Boden verloren, bester Bördeboden, der ist ja wertvoll, ich hoffe, den nehmen se vorher weg. Im Großen und Ganzen ist es ganz gut, dass sich im Osten etwas Größeres ansiedelt. Hoffnung ist schon da.
Ich finde
keine weiteren Ansprechpersonen im Stadtfeld. Die Sommersonne heizt alles auf
und hat die Straßen leergebrannt. Anscheinend ist bei vielen Magdeburgern und
Magdeburgerinnen Intel kein oder nur ein nebensächliches Thema, also nicht
unbedingt das Stadtgespräch, es beschränkt sich auf Typisches, meist
unreflektiertes Kolportieren von Argumenten, die man immer wieder hört: Wird es
teurer? Ist es zu viel Geld? Was ist mit
dem Bördeboden?
Liegt es an
der aufkommenden Sommer-, Ferien- und Urlaubsstimmung, dass niemand pointierter
zu Intel Stellung nimmt, oder ist es die Hitze am bislang heißesten Tage des
Jahres?
Ich
beschließe, meine Umfrage einzustellen, folge dem Tipp vom Julian und genehmige
mir ein Tartufo im Eiscafé „Angelino“. Anschließend versuche ich, der
Sommerträgheit in Stadtfeld zwischen Schelli und Schrote (kleiner Bach durchs
Stadtfeld) nachzuspüren: