Samstag, 31. August 2024

# 066 „Volksstimme"-Schlagzeilen mit Intel-Bezug im August 2024 (chronologisch)

  • Intel will Tausende Jobs streichen
  • Frisches Geld für frische Unternehmen - Serie „Otto ist Transformation“ (35): Gunnar Giese und Heiko Paelecke, Bürgschaftsbank und Mittelständische Beteiligungsgesellschaft.
  • Wackelt die Intel-Ansiedlung? US-Chipriese tritt auf die Kostenbremse. Er will 15.000 Jobs streichen. Sachsen-Anhalts. Wirtschaftsminister Schulze sieht keine negativen Auswirkungen für Magdeburg.
  • Kommentar: Wichtiger Baustein
  • Chipfirma Infineon setzt Rotstift an - Deutscher Konzern will tausende Stellen streichen oder verlagern.
  • Literatur: Kafkaesk Fabuliertes
  • Leserbrief: Flusswasser einfach besser nutzen
  • Leserbrief: Erschließt sich nicht
  • Minister: Intel-Baustart Anfang 2025
  • Posten-Affäre: Verfahren eingestellt
  • Warum in der City einkaufen? Die Interessengemeinschaft Innenstadt besteht seit 30 Jahren. Genauso lange kämpfen ihre Mitglieder für ein lebendigeres Zentrum, ein Miteinander mit den Centern und mit der Politik.
  • Offenes Treffen der Umweltgewerkschaft
  • QUIZ: DIE WOCHE IM RÜCK-BLICK
  • Neue Zufahrten für Chipfabriken
  • Ein Jahr Umleitungschaos? Ab diesen Donnerstagabend ist die Landesstraße 50 von Schleibnitz nach Magdeburg dicht. Die Strecke wird vierspurig ausgebaut. Pendler müssen mit weiten Umwegen leben.
  • Neue Straßen für Chiphersteller Intel – Landeshauptstadt und Land schaffen Voraussetzungen für das Großprojekt.
  • Zufahrtsstraße zu Intelgelände fertig
  • Intel-Fabrik kurz vor Genehmigung
  • Kommentar: Ritt auf der Welle
  • Haseloff glaubt an Intel - Der Bau einer wichtigen Straße zum High-Tech-Park hat begonnen. Erdarbeiten sind ab 2025 möglich. Der Ministerpräsident ist sich sicher, dass der Chiphersteller dann durchstartet.
  • Reisen zweier Beigeordneter werden geprüft
  • Spiegel: Land arbeitet am Intel-Plan B
  • Das Intel-Fragezeichen - Rätsel um Fördergeld-Handschlag von Kanzler und Chip-Chef Gelsinger. Jetzt kommt raus: Der Bund hat bei der EU für Magdeburg noch nicht mal den nötigen Antrag gestellt.
  • Kommentar: Intel muss Fakten schaffen
  • Für bessere Anschlüsse im Südosten - Durch die beiden Mega-Wohnprojekte werden bald Tausende Menschen mehr in Salbke und Westerhüsen leben.
  • Telefonat mit von der Leyen zu Intel
  • Wie wird künftig geheizt? Interview mit Thomas Pietsch, Geschäftsführer der Städtischen Werke Magdeburg und Landeschef des Verbandes kommunaler Unternehmer, über wachsende Fernwärmenetze, Großwärmepumpen an der Elbe und das Energiepotenzial von Intel.
  • Der Weg zum High-Tech-Park - Das Land Sachsen-Anhalt lässt eine Verkehrsanbindung zu den künftigen Intel-Fabriken bauen. Die Landesstraße 50 wird im Zuge der Arbeiten vierspurig ausgebaut.
  • Leserbrief: Danke für klare Aussagen
  • Linke kritisiert Bund nach Anfrage zu Intel
  • Meyer Burger stoppt Ausbau US - Das Solarzellen-Werk in Bitterfeld-Wolfen ist vorerst gesichert, weil dem Schweizer Konzern
  • Leserbrief: Kompanie nicht aufgestellt
  • Kommt jetzt doch eine Ampel? Die Landesstraße 50 wird derzeit in einem etwa 1,5 Kilometer langen Bereich saniert. Es gibt drei ausgewiesene Umleitungen. Auf einer davon hat es nun einen Unfall gegeben.
  • Wird Gieselerhalle Amo-Opfer? Um die eine Halle erhalten zu können, schlägt die Stadtverwaltung den Verkauf der anderen vor. Hintergrund sind die Engpässe in der Stadtkasse. Welche Fakten liegen auf dem Tisch?
  • Leserbrief: Projekt Intel vor dem Aus?
  • Intel-Zulieferer: Baustart in Schönebeck
  • Intel-Ansiedlung: Stadtgespräch zur Willkommenskultur - Auf dem Podium wird thematisiert, wie ausländische Beschäftigte des Chipherstellers in Magdeburg aufgenommen werden.

Dienstag, 27. August 2024

# 065 Willkommen in Magdeburg - Auf der Suche

Freitagmittag. Am Magdeburger Breiten Weg, Nummer 120a, gegenüber dem Katharinenturm – von älteren Magdeburgern oft noch „Haus des Lehrers“ genannt – ein Hinweisschild: Magdeburger Welcome Service.

Ich trete ein und treffe auf eine vielleicht 10-köpfige Seniorengruppe, im Stuhlkreis sitzend, alle haben eine klobige VR-Brille vor den Augen, man verdreht die Köpfe in verschiedene Richtungen. Es wirkt fast wie ein Verrenken. Die Runde schaut sich wohl in einer virtuellen Gegend oder in einem Raum um. Eine jüngere Frau im Kreis, auch sie mit VR-Brille, erklärt und gibt Hinweise: „Schauen Sie nach rechts! Sehen Sie das alte Gebäude?“ Man gestikuliert. Einige wenden die Köpfe nach rechts, andere entdecken wohl gerade etwas anderes. Man gestikuliert. Eine surreale Szene.

Schon wieder VR

An der Empfangstheke fängt mich ein junger Mann ab, der im Flüsterton fragt, wohin ich wolle. „Zum Welcome Center“, flüstere ich. Ich bin hier falsch, denn ich bin im MWG-Nachbarschaftstreff gelandet. Der Welcome Service sei in der Etage darüber, ich müsse den Eingang in der Passage nebenan nehmen. „Was machen die da?“, frage ich sehr gedämpft, den Kopf dabei kurz zum Stuhlkreis drehend. „Die sind gerade in Schottland“, raunt der junge Mann. Meinen Wunsch, von dieser Runde ein Foto schießen zu dürfen, muss er aus verständlichen Gründen abschlagen. Schade. So baue ich mir dieses Bild später mit KI nach. Es wirkt aber nur halb so surreal wie die Realität.

Der VR-Stuhlkreis virtuell in Schottland, wie ihn die KI sieht.

So kann man sehr günstig nach Schottland reisen. Das ist nicht so kompliziert, wenn man nicht mehr rüstig ist, denke ich. Auch ganz im Sinne eines geizigen Schotten. Ein Vorurteil in meiner eigenen Willkommenskultur?

Ich kenne weder einen Schotten noch eine Schottin persönlich. Die sind mittlerweile auch keine EU-Bürger mehr und müssten sich mit vielen anderen Nicht-EU-Bürgerinnen vor dem Ausländeramt einreihen, um eine Arbeitserlaubnis oder längerfristige Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Wie könnte das Magdeburger Welcome Service Center einem Schotten, zum Beispiel bei der Suche nach einer sehr günstigen Wohnung, helfen?

Wie geht „willkommen“ konkret?

Christiane Pruschek
Mitarbeiterin des Magdeburger Welcome Service
Das werde ich oben gleich erfragen. Der Aufzug und das düstere Treppenhaus wirken nicht eben einladend. „Freitags geschlossen!“ Aber die Etagentür lässt sich öffnen. Ich trete in einen bunten, hellen und freundlichen Vorraum, von wo weitere Türen in Nachbarräume führen. Aus einem kommt mir Christiane Pruschek entgegen, die mich ‒ auch außerhalb der offiziellen Sprechstunde ‒ freundlich empfängt.

Ich erkläre, dass ich zum Thema Willkommenskultur in Magdeburg recherchiere, dass es mich interessiert, was als Welcome Service von ihr geboten wird. Sie umreißt kurz die Aufgaben, die in einem Video der Stadt Magdeburg (High-Tech inside #7: Magdeburg Welcome Service (youtube.com) und auch auf der Webseite der Stadt beschrieben sind (Magdeburg Welcome Service / Landeshauptstadt Magdeburg - magdeburg.de), und sie erklärt, dass es eine Gemeinschaftsaktion von IHK, HWK, den Hochschulen und dem Leibniz-Institut sei . Sie und ihre Kollegin möchten Lotsinnen sein für den Zugang zum Arbeitsmarkt, bei der Anerkennung von Abschlüssen, sie wollen Hilfe leisten bei der Wohnungssuche und dem Finden von Kinderbetreuungsmöglichkeiten usw.

Für die Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung ist weiterhin ausschließlich die Ausländerbehörde zuständig. Also keine „Überholspur“ für dringend gesuchte Fach- und Arbeitskräfte oder Akademiker. Aber in den Beschreibungen der Flyer und der Homepage wird deutlich, dass diese Klientel im Fokus stehen soll. Frau Christiane Pruschek  und die Kollegin sprechen auch Englisch. Für andere Sprachen steht Übersetzerpersonal zur Verfügung. Wie mir versichert wird, ist der Magdeburger Welcome Service für alle ausländischen Bürger eine mögliche Anlaufstelle.

Viele Angebote

Neben den Ausländerämtern und dem Magdeburger Welcome Service gibt es beispielsweise noch weitere Einrichtungen und Aktionen der Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt, die für ein gutes Willkommensgefühl von deutschen und ausländischen Mitbürgern sorgen, die Sachsen-Anhalter und Sachsen-Anhalterinnen werden möchten:

Danach müsste Magdeburg doch in Sachen Willkommenskultur gut aufgestellt sein. Oder sind die Willkommensaussichten erstmal nur virtuell, wie die schottischen Landschaften für die Seniorengruppe? Kommt es nicht auch auf die vielen Magdeburger Bürger in täglichen, realen Begegnungen an?

Das soll in der Veranstaltung am 2.9.2024 in der Stadtbibliothek praktisch untersucht werden. https://herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com/2024/08/064-industrie-und-willkommenskultur.html

Der Blick über den Kultur-Zaun

Ich war im August auf Transformationsrecherche im UNESCO Welterbe „Zollverein“ (einer ehemaligen Zeche und Kokerei) und im Ruhrmuseum. Im Jahr 2010 war das der Mittelpunkt der europäischen Kulturhauptstadt Essen mit der Region Ruhrgebiet. Dort werden die Transformationsprozesse der letzten 120 Jahre an Ruhr und Emscher real begreifbar.

Da gab es auch ein stetes Auf und Ab. Das Gebiet boomte schon um 1900. So kamen polnische Arbeiter an die Ruhr. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben Gastarbeitergenerationen aus Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei das westdeutsche „Wirtschaftswunder“ wesentlich mitgetragen. Spätestens ab den 70er Jahren fing der Strukturwechsel an: mit zunehmender Arbeitslosigkeit und der Transformation zur Dienstleistungsgesellschaft. Es ging und geht dabei nicht alles glatt, Probleme sind nicht zu leugnen. In der in Essen präsentierten Rückschau sind auch viele positive Beispiele der Integration und Transformation zu sehen. Vielleicht als deren Ergebnis konnte ich in Essen im Umgang mit den Menschen die erfrischende typische Offenheit der Ruhrgebietler erleben, deren einnehmendes und direktes Wesen. Eine bereits über mehrere Generationen entstandene gelungene Mentalitätskombination aus der ursprünglich westfälischen, zurückhaltenden Sturköpfigkeit mit dem Einfluss vieler Nationen.

Das können auch Perspektiven und Chancen für Magdeburg und Ostdeutschland sein, wenn man von dem Niedergang einiger Ruhrgebietsstädte – für den Gelsenkirchen oft ein Synonym ist – absieht. Magdeburg wird 2025 nicht Kulturhauptstadt, hat aber die Aussicht, zum ostdeutschen Transformationshotspot zu werden. Das könnte auf jeden Fall nachhaltiger wirken, als wenn wir europäische Kulturhauptstadt geworden wären.

 

Was hat Magdeburg mit dem Ruhrgebiet gemeinsam?

Industrielle Verbindungen:

Da gibt es die schon 1855 von Magdeburgern gegründete „Magdeburger Bergwerks AG mit der Zeche Königsgrube“ im heutigen Ortsteil von Herne, Wanne-Eickel. Zum Zeitpunkt der Schließung, Ende der 60er-Jahre, befand sie sich im Besitz des Krupp Konzerns. 

Die „Grusonwerk AG Buckau“ wurde nach dem Ausscheiden von Hermann Gruson 1893 vom Kruppkonzern als „Friedrich Krupp AG Grusonwerk“ übernommen und in der DDR als Schwermaschinenbau-Kombinat „Ernst Thälmann“ (SKET) weitergeführt. Es ist davon auszugehen, dass Hermann Gruson und Alfred Krupp sich persönlich kannten, zumal sie auch ähnliche soziale Ansätze beim Umgang mit ihren Beschäftigten verfolgten.

Brüder im Geiste? Stahlbarone, Innovatoren, auch Waffenproduzenten: Alfred Krupp (1812-1887) und Hermann Gruson (1821 – 1895)

Sport als Integration: Das Ruhrgebiet mit den Erst-, Zweit- und Drittligavereinen ist genauso fußballverrückt wie Magdeburg. Im Magdeburger-Kader haben zwei Drittel der Spieler ausländische Wurzeln: in Europa, Afrika und Asien. „Auf Schalke“ zum Beispiel ist die Quote fast genauso hoch.

Wirtschaftliche existentielle Krisen: Es gab an der Ruhr große Rückschläge und Probleme durch die Schließung aller Zechen und der meisten Stahlwerke, die bis heute andauern (Stichwort Rheinhausen). Magdeburg wurde durch die Folgen der Wende ähnlich, vielleicht sogar noch stärker belastet. belastet. Aber das ist der Blick zurück. Eine aktuelle, gemeinsame Frage könnte werden, wie man die zweifellos entstehenden Herausforderungen der Migration bewältigt. 

Und was hat Intel damit zu tun?

Intel war in den letzten zwei Jahre Auslöser und Prüfstein für das Thema Willkommenskultur. Das gilt auch weiterhin für viele Ebenen (Kulturangebot, Sprachen, Gastronomie, Internationalisierung der Stadtgesellschaft, Wohnungswirtschaft, Betreuung, Bürokratie usw.) wenn die Ansiedlung ein Erfolg werden soll. Selbst wenn sich alles verzögern oder Intel gar absagen sollte, so wird ein anderes großes Unternehmen kommen, das in der Regel international aufgestellt ist. So sind wir gefordert, auf die neuen Mitbürger zuzugehen, damit sie kommen wollen und bleiben.

Fundstück:

Passend zum Thema dieses Beitrages und zur aktuellen Banksy-Ausstellung in der Magdeburger Hyparschale: Die Willkommensmatte von Banksy aus speziellem Material.



Donnerstag, 15. August 2024

# 064 Industrie- und Willkommenskultur – Passt das zusammen? Lesung mit Gespräch am 2.9.2024

Herbert Karl von Beesten nimmt sich mit mehreren Fachleuten dieses Mal das Thema Willkommenskultur vor.

Am Montag, dem 2. September, ab 17 Uhr, findet die nächste Lesung mit Gespräch in der Stadtbibliothek statt.

Hilft auch die Kultur, um von Herzen „Willkommen!“ zu sagen?

(Update 23.8.2024)

Die Tradition, dass Herbert Karl von Beesten am ersten Montag eines Monats in der Magdeburger Stadtbibliothek am Breiten Weg aktuelle Auszüge aus seinem Intel-Industriekultur-Blog vorträgt und mit dem Publikum bespricht, wird nun nach der Sommerpause fortgesetzt. Online-Bloggen ist das eine, persönlicher Vortrag, Gespräche und Diskussion sind das andere. Deswegen ergänzen sich der Blog und die Bibliotheksveranstaltungen ideal. Diesmal steht die Willkommenskultur im Fokus – und wie man diese weiter verbessern kann. Potenzielle ausländische Intel-Beschäftigte mit ihren Familien sollten den Start als Magdeburger und Magdeburgerinnen als möglichst angenehm und einfach erleben. Welche Erfahrungen gibt es bislang, auf denen man aufbauen könnte?



Von links nach rechts:  Herbert Karl von Beesten, seit über 20 Jahre in Magdeburg, betreibt den Blog „Transformation im Zuge der Intel-Ansiedlung“. (Foto Anne König) Ali Sidikou Mamane, gebürtig aus Niger,  fühlt sich schon lange mit der Elbe verbunden und spricht über seine Magdeburger Erfahrungen und Koch-Kultur-Vision. (Foto Herbert Beesten) Dr. Alejandro Fernandez Calderon, gebürtiger Kubaner und in Deutschland eingebürgert. Arbeitet in einem internationalen Logistikkonzern mit Kollegen aus über 50 Nationen zusammen, auch als Betriebsrat. (Foto privat) Ansgar Hörsting, lebt seit Mai 2024 in Magdeburg. Durch 25 Jahre internationale Arbeit mit „Willkommen“, „Kultur“ und „Willkommenskultur“ und auch deren Grenzen vertraut. Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde in Magdeburg. (Foto Artur Wiebe)

Fachkräfte sind knapp, und neben dem Gehalt spielen mittlerweile viele weiche Faktoren, sogenannte Soft facts, für die zuziehenden Menschen eine wichtige Rolle. Wie freundlich ist die Aufnahme? Kommt man mit der Bürokratie zurecht? Gibt es Unterschiede: je nach Herkunftsland? Wie groß sind die Sprachbarrieren, etwa gegenüber Vermietern und Geschäftsleuten? Welche Rolle spielt das Kulturangebot selbst? Gibt es neue Ansätze und Ideen der Beteiligten zur Magdeburger Willkommenskultur? Das sind nur einige Fragen, die an dem Tag besprochen werden sollen.

Es verspricht, spannend zu werden, weil gleich mehrere Gesprächspartner aus ihren Perspektiven und von ihren Erfahrungen berichten. Gesprächspartner hat Herbert Karl von Beesten unter anderen zu Gast:

  • Ali Sidikou Mamane, gebürtig aus Niger, seit Anfang der 2000er Jahre in Deutschland, gelernter Restaurantfachmann, Gastronom und studierter Sozialarbeiter.
  • Dr. Alejandro Fernandez Calderon, gebürtige Kubaner und in Deutschland eingebürgert. Autor des Buches „Salsa und Latino-Musik in Magdeburg?! Die verborgene Geschichte einer deutschen Stadt." Arbeitet in einem internationalen Logistikkonzern mit Kollegen aus über 50 Nationen zusammen, auch als Betriebsrat. (Foto privat)

  • Ansgar Hörsting, Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde Magdeburgs, selbst Neu-Magdeburger. Er kann er auf 25 Jahre internationale Arbeit mit Willkommenskultur zurückblicken und weiß von deren Möglichkeiten und Grenzen.

Der Blog „Aufwärtskompatibel – Transformation und Industriekultur“ ist unter https://herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com/ seit Januar 2023 zu erreichen. Er enthält mehr als sechzig Beträge. Dort wird das Thema der Transformation durch die Intel-Ansiedlung manchmal satirisch, hauptsächlich nüchtern und sachlich, mitunter literarisch – also aus den unterschiedlichsten Perspektiven – beleuchtet.

Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei, da der Blog und die Veranstaltung freundlicherweise vom Kulturbüro der Stadt Magdeburg, der WOBAU, der Stiftung Kloster Unser Lieben Frauen und dem Lions Club Kaiser Otto I. unterstützt wird. Dank auch an den Gastgeber, die Stadtbibliothek Magdeburg.


Sonntag, 4. August 2024

# 062 Kulturtipp: Transformationssommertheater in Magdeburg im August 2024

Wer geht mit auf die Reise?

Im Magdeburger Wissenschaftshafen findet wieder ein besonderes Theaterevent statt. Vom Samstag, dem 24. August, bis Dienstag, den 27. August 2024, präsentiert das Theaterensemble „Das letzte Kleinod“ jeweils ab 18:00 Uhr das Stück „HOTEL EINHEIT“. Aufgeführt wird es im und am theatereigenen ozeanblauen Zug, mit dem die Theatertruppe in Deutschland unterwegs ist und wo es während der Tournee auch lebt. Das Publikum ist „aufgefordert“, mit dem Ensemble eine Eisenbahnfahrt in die Vergangenheit von DDR-Hotels anzutreten. Ich hatte die Gelegenheit, mit Juliane Lenssen und Sven Reese von „Das letzte Kleinod“ zu sprechen.

 

Worum geht es?

Hotels, z. B. Interhotels, waren in der DDR einer der wenigen Orte, in denen sich Menschen aus Ost und West begegnen konnten. Die Restaurants, Nachtbars und Zimmer boten den Gästen einen ungewohnten Luxus. Überwachung durch die Stasi war in den Hotels alltäglich. Ehemalige Mitglieder des Personals von Hotels in Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder) steuerten als Zeitzeugen ihre Erinnerungen an den Hotelbetrieb für das dokumentarische Theaterstück. Die Aufführung wird in mehreren Eisenbahnwaggons gezeigt, die mit originalen Möbeln und Objekten aus der DDR ausgestattet sind. Infos zu dem Stück sind unter www.das-letzte-kleinod.de zu finden. 


Juliane Lenssen vom Eisenbahntheater
„Das letzte Kleinod“ stellt das neue
Stück "HOTEL EINHEIT" im
Wissenschaftshafen vor.
„Über den Zaun“ schauen?

Im letzten Sommer konnte ich die Theatertruppe mit dem Stück „Über den Zaun“ an gleicher Stelle erleben, ich erwarte auch in diesem Jahr eine beeindruckende Inszenierung. Ich gehe davon aus, dass Zuschauern, die zu jung für eigene Erinnerungen an die dargestellte Zeit sind, sich diese durch kluge und emotionale Inszenierung - wie üblich bei dieser Theatergruppe - erschließen wird. Aber auch ältere Menschen ohne „klassische DDR-Biografie" werden sich zurückversetzt fühlen - so erlebte ich es 2023.

Die Gruppe aus Schauspielern, Schauspielerinnen, Support- und Organisationspersonal ist bunt gemischt: aus Ost und West. Mit dem in Stendal geborenen Sven Reese, der 1999 und 2000 auch in den Magdeburger „Freien Kammerspielen“ als Schauspieler auf der Bühne stand, gibt es vielleicht für einige Zuschauer ein Wiedersehen.

 

Und was hat das mit der Intel-Ansiedlung zu tun?

In den nächsten drei, vier Jahren werden voraussichtlich ca. 7.000 Menschen aus Deutschland und dem Ausland Magdeburg zusätzlich bevölkern, um die Intel-Chip-Fabs aufzubauen. Viele davon werden in Hotels, Pensionen und Gästewohnungen „untergebracht“ sein. Die Magdeburger Hotelbranche und andere Beherbergungsstätten werden davon profitieren, sie stellen sich schon darauf ein. (Siehe auch meinen Blog-Beitrag über ein „spezielles Hotelerlebnis“ https://herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com/2023/12/11-verwandeln-verbergen-gesundbeten.html )

 

Was werden die vielen Gäste neben der Arbeit in Magdeburg machen? Wird sich daraus eine geschlossene Gesellschaft entwickeln, deren Integration die Magdeburger Bevölkerung nicht kümmert, weil sie ja doch wieder „weiterzieht“? Wie kann man für diese Gruppe nicht nur deutschsprachige Angebote im Bereich der Kultur, des Sportes und der Unterhaltung schaffen, die nicht an „Gastarbeiter-“ oder „Vertragsarbeiterzeiten erinnern? Welche Probleme, aber auch Chancen ergeben sich, mit denen wir als Magdeburger umgehen müssen?

 

 

Willkommenstrainingslager

Schauspieler Sven Reese vom Ensemble „Das letzte Kleinod“
spielt vor alten Eisenbahnwagen am Wissenschaftshafen
eine Szene aus dem Stück „Hotel Einheit“ 

Vielleicht ist diese „Bau-Zwischenphase“ so etwas wie eine „Willkommensübungswiese“ für Magdeburg mit Blick auf die erwarteten dauerhaften Zuzüge von Menschen mit ihren Familien, wenn die ersten Chips-Fabs und Zulieferbetriebe in Betrieb sind? Jetzt ist noch Zeit, die ersten Weichen für das Magdeburger „Hotel Einheit“ zu stellen.

 

Ausblick

Vielleicht wird in fünf oder zehn, oder aber auch erst in 30, 40 Jahren ein Theaterstück über die Veränderungen des Magdeburger Hotellebens im Zuge der Intel-Ansiedlung inszeniert. Einige von uns könnten dann bei Recherchen als „Zeitzeugen" fungieren und berichten, wie „es damals im Transformationszug nach Irgendwo“ war. 

Samstag, 3. August 2024

# 061 Der volatile Chip-Markt - Aktuell auch in Magdeburg

Kippt die Intel-Ansiedlung?, fragte Joachim Hofer  gestern im „Handelsblatt" nach der Verkündung eines drastischen Intel-Sparkurses durch CEO Pat Gelsinger. Das löste auch bei anderen Zeitungen und Medien ähnliche Schlagzeilen aus.



Eigentlich gehe ich hier im Blog nicht auf akute Meldungen ein, sondern begleite die Transformation durch die Intel-Ansiedlung in Magdeburg, und zwar unaufgeregt, mit Distanz.

Da ich aber gestern und heute nach meiner Einschätzung gefragt wurde: Kommt Intel noch oder nicht?, möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, dass der Chip-Markt schon immer sehr volatil gewesen ist. Das heißt, schnell von himmelhoch jauchzend in dunkle Depressionstäler stößt und umgekehrt. Darauf habe ich auch in meinen bisherigen Beiträgen immer mal wieder hingewiesen. Außerdem habe ich am Ende meines Beitrages Aufwärtskompatibel? Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 058 Intel in Magdeburg - Chance oder Challenge? Eine Podiumsdiskussion (herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com) schon darüber „nachgedacht", dass eine endgültige Entscheidung seitens Intel auch noch aus anderen Gründen erst später fallen könnte.

Also: Gelassen bleiben und abwarten. Zumindest ist eine weitere Verschiebung des Projektes nun im Bereich des Möglichen. Das bringt etwas Zeit für die noch ungeklärten Regelungen zum Thema Boden, Abwasser und Wasser. Sollte es mit Intel nichts werden, so hat Magdeburg eine große, gut vorbereitete Fläche für andere Ansiedlungen. 

Und wie sieht es auf der Baustelle aus? Gestern habe ich beim Überflug viele Bilder gemacht und werde in einem meiner nächsten Beiträge einiges davon präsentieren.