Es tut sich was auf dem Eulenberg!
Ich habe einige Fotos und ein aktuelles Überflug-Video zusammengestellt. Inoffiziell muss es also schon den ersten Spatenstich gegeben haben.
Weitere Fotos vom Intel-Gelände siehe auch:
Transformation in Echtzeit: Hoffnungen, Skepsis, Freude und Sorgen der Magdeburger und Magdeburgerinnen begleiten die Ansiedlung von Intel-Chip-Fabriken. Wie verändert sich Magdeburg dadurch? Seit Januar 2023 beobachte ich monatlich den Transformationsprozess im Kontext der Ereignisse in Politik und Wirtschaft, mal journalistisch, dann wieder satirisch oder in kleinen Storys. Auch die Technologie spielt eine Rolle. Ich danke Albrecht Franke für die Unterstützung bei der Abfassung der Texte.
Es tut sich was auf dem Eulenberg!
Ich habe einige Fotos und ein aktuelles Überflug-Video zusammengestellt. Inoffiziell muss es also schon den ersten Spatenstich gegeben haben.
Weitere Fotos vom Intel-Gelände siehe auch:
... über Wasser, Abwasser, Klima-, Boden-, Arten- und Naturschutz, Energie und Immissionen.
Mir liegt seit Kurzem das ausführliche Protokoll des
öffentlichen Erörterungstermins der Einwendungen gegen die erste
Teilgenehmigung der Intel-Ansiedlung vom 29. Mai 2024 vor.
Genau gesagt: Es ging es um Einwendungen gegen den
„Antrag der Intel Magdeburg GmbH zur Errichtung einer
Halbleiterfabrik zur Herstellung von elektronischen Bauelementen einschließlich
Tests auf Basis von Siliziumtechnologien unter Einsatz von Substraten am
Standort Magdeburg“
Parallel habe ich das 149-seitige Protokoll nur bei der „Deutschen
Bodenkundlichen Gesellschaft - DBG“ über einen Download-Link entdeckt. Hier der
Download-Link: https://www2.dbges.de/assets/Aktuelles/Intel_Schwarzerde/Wortprotokoll-EOeT-29.-Mai-2024.pdf
Das Protokoll ist eine passende Ergänzung zu meinem
Blogbeitrag über die gleiche Veranstaltung, siehe Aufwärtskompatibel?
Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 055 Ja und Amen? Die
Anhörung. (herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com)
Das Protokoll gibt recht genau die „Zwischentöne“ wieder und
erinnert daran, dass noch manches endgültig geklärt werden muss, was mitunter als
schon gegeben dargestellt wurde. Es wird auch deutlich, dass die
Wassergewinnung für die Fabrik nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens ist.
Wenn jemand Anmerkungen oder Hinweise zu dem Protokoll hat, gern
per Mail an: Beesten@HerbertBeesten.de
Beobachtungen beim: Öffentlichen Erörterungstermin der Einwendungen zum Genehmigungsverfahren für die erste Teilgenehmigung zur Intel-Ansiedlung am 29. Mai 2024 in Magdeburg.
So kompakt und nominal klang das in der Magdeburger Johannis-Kirche. Über die Veranstaltung haben im Nachgang viele regionale, überregionale sowie ausländische Medien, wie Volksstimme, MDR, Radio SAW, FAZ, dpa, Deutschlandfunk, Tagesschau, wallstreet ONLINE, Kronenzeitung etc,. berichtet. Widerhall fand sie auch in den online-Nachrichten der Börsen- und Finanzwelt. Das Narrativ von der „Schwarzerde“ macht seitdem bei LinkedIn-Usern die Runde. In den Artikeln und Berichten sind die fachlichen Details und die Vielfalt überschaubar, weil sie sich inhaltlich zumeist auf die gleiche dpa-Meldung beziehen. Für diejenigen, die sich schon länger und intensiver mit dem Thema beschäftigt haben oder aufmerksame Leser und Leserinnen dieses Blogs sind, gab es grundsätzlich und inhaltlich in der Veranstaltung nicht viel Neues. Einige Details während der Erörterungen waren allerdings interessante Ergänzungen. Ich möchte die atmosphärische Stimmung, das Setting und die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte hier in den Mittelpunkt stellen. Wegen der Vielzahl der Personen verzichte ich auf die Nennung von Namen.
„Gottes Wort mit uns in Ewigkeit“ steht in goldenen Lettern am Denkmalsockel der Statue eines übergroßen Martin Luther. Die Johannis-Kirche im Rücken, in der Rechten die Bibel, die Linke auf dem Herzen, schaut er mit festem Blick auf das auf Rathaus gegenüber.
Der sonnige Maivormittag macht mir die Fahrrad-Anfahrt möglich, vorbei an dem Martin-Luther-Denkmal zu den noch reichlich vorhandenen freien Plätzen an den Fahrrad-Anlehnungsbügeln. Ich bin wohl schon im zu erwarteten Bürokraten-Sprech-Modus.
Halb zehn, noch Zeit, mich
umzuschauen und mit mir bekannten Menschen der Presse, der Stadtverwaltung, von
Intel, auch mit einigen Einwendern und Einwenderinnen (wie sie hier genannt werden)
ins Gespräch zu kommen. Doch zuerst einen Platz im Zuschauerraum sichern. Allerdings
verwehren mir zwei stämmige Security-Herren den Zutritt: Zuschauer, also keine Verfahrensbeteiligte
(wie ihre Bezeichnung hier lautet) erhalten erst kurz vor dem offiziellen
Beginn Einlass.
Abwarten, was passiert. So
schaue ich mich weiter um, entdecke weiteres Sicherheitspersonal. Eine Frau von
der Pressestelle des Landesverwaltungsamtes trägt die Pressevertreter in eine
Liste ein. Sie spricht mich auch an und trägt meine Kontaktdaten und die Webseite
ein. Sie möchte im Nachhinein gern lesen, erklärt sie, was wir so schreiben. Auf
dem der Kirche schräg gegenüberliegenden Parkplatz, fast diskret von einer
hohen Hecke verdeckt, ein Kleinbus der Polizei.
Das Landesverwaltungsamt will
wohl auf Nummer sicher gehen. Erwartet man Störungen oder sind das mittlerweile
leider übliche Sicherheitsvorkehrungen? Oder befürchtet man ‒ die Ereignisse bei
Tesla in Grünheide im Hinterkopf ‒ ein Umschwenken von Teilen der Bevölkerung,
weg von der bisherigen insgesamt eher braven Pro-Intel-Stimmung?
Reformation früher /
Transformation heute? In einigen Wochen jährt sich zum fünfhundertsten Mal
das spontane und flächendeckende Umschwenken fast der gesamten Magdeburger
Bevölkerung und Kirchen vom katholischen zum evangelischen Glauben. In dieser St.-Johannis-Kirche
hat Martin Luther am 24. Juni 1524 Klartext gepredigt. Der Beginn der
Magdeburger Reformation. Steht am gleichen Platz hier heute ein wichtiger
Schritt zur Transformation der Magdeburger Stadtgesellschaft bevor?
Mittlerweile lehnen sich viele Fahrräder an. Lässt das auf den Charakter der Zuschauer schließen? Aber ein Ansturm wie vor 500 Jahren – damals fasste das Kirchenschiff nicht die Zuhörer – ist hier nicht zu erkennen.
Einlass: Taschen und Rucksäcke müssen
an der Garderobe abgeben werden, heißt es kurz vor zehn. Und: Bitte beachten
Sie das Fotografier- und Filmverbot während der Veranstaltung. Etwas
eingeschüchtert bin ich schon. Die hier präsentierten Fotos entstanden selbstverständlich
legal vor und nach der Veranstaltung oder in der Pause.
Anspannung liegt in der Luft. Keiner weiß genau, wie das hier ausgehen wird. Zwischen entspannt-harmonisch und hektisch-kontrovers scheint alles möglich zu sein. Wer ist da? Ist jemand „auf Krawall gebürstet“?
Aus Gesprächen schnappe ich auf:
Die Räumlichkeiten sind heute bis 21 Uhr reserviert, und wenn das nicht reicht,
soll es morgen weitergehen. Gut, dass ich vorsorglich etwas zu trinken und
Butterbrote eingepackt habe. Noch schnell zur Toilette im Kellergeschoss des modernen
Kirchen-Anbaus im Bauhausstil. Dort erinnern die Reste einer Gruft an Otto von
Guericke, den Innovator und Politiker des 17. Jahrhunderts, neben Kaiser Otto
I. auch ein früher Influencer der „Otto-Stadt“ Magdeburg.
Das Setting und die Regie. Was
sagt mir das gewählte „Setting“ des Veranstalters in der entweihten Kirche, die
nach ihrer vierten Zerstörung im letzten Weltkrieg im Jahr 1999 auferstand aus
einer Ruine als weltliches Veranstaltungs- und Konferenzzentrum?
Im erhöhten, ehemaligen Altarraum,
zentral an einem Tisch, die schwarz-weißen Kirchenfenster im Rücken, drei „Hohepriester“
des Landesverwaltungsamtes. In der Mitte die Moderatorin und Leiterin, die
souverän in die Veranstaltung einführt und noch ein beachtliches Textpensum
absolvieren wird. Die beiden Herren links und rechts schweigen und werden nach
meiner Beobachtung auch im Verlauf der offiziellen Veranstaltung kein Wort
sagen. Alle stellen sich persönlich vor, nur die beiden lassen sich von der
Moderatorin präsentieren. Sind sie „Back-ups“ oder Aufpasser?
Rechts, vom Zuschauerraum aus gesehen, auf gleicher Höhe, schräg aufgestellt eine Tischfront, dahinter noch zwei weitere Tischreihen mit insgesamt ca. 20 Vertretern der „Antragsstellerin“, also mit Personen von Intel oder mit von Intel beauftragten Personen. In der ersten Reihe links ein Rechtsanwalt, der sich als eloquenter Wortführer der Intel-Interessen herausstellen wird. Daneben in der ersten Reihe weitere Berater und Beraterinnen von Intel für spezielle Fachfragen. In der zweiten und dritten Reihe sind auch einige nur Englisch sprechende Mitarbeiter von Intel, die über Kopfhörer eine Simultanübersetzung hören können. Von der zweiten und dritten Intel-Reihe wird man im Verlauf der Veranstaltung nichts öffentlich hören, außer von der Geschäftsführerin der „Intel Magdeburg GmbH“, die auch in der hinteren Reihe ihren Platz hat. Sie eröffnet den Vortragsreigen zu Beginn mit einem „Goodwill speech“ als atmosphärischer Lockerungsübung, unterstützt durch repräsentative und gestylte PowerPoint-Folien auf dem Großbildschirm, der wie von unsichtbaren dünnen Fäden über dem Intel-Team in der Schwebe gehalten wird. Wir sind gekommen, um zu bleiben und wollen eine gute Nachbarschaft. Das ist der Kern ihrer Botschaft.
Links im Altarraum ‒ oder nennen
wir ihn doch lieber Bühne? ‒ auch eine schräg aufgestellte Tischfassade und
eine zweite Reihe dahinter, mit ca. 15 Plätzen für die Vertreter und
Vertreterinnen der Unternehmen, die für die Infrastruktur des Projektes verantwortlich
sind: SWM (Stadtwerke Magdeburg), HTP (High-Tech-Park-Sachsen-Anhalt), TWM
(Trinkwasserversorgung Magdeburg), Gelsenwasser (Abwasserreinigung) und Stiftung
Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt.
Die drei, mit cremefarbenen
Tischhussen repräsentativ ausgestatteten Tischfronten, präsentieren sich pompös
und öffnen sich zum drei Stufen niedrigeren Zuschauerraum. Dort vorn zwei nackte
Tischreihen (also ohne Hussen) für insgesamt ca. 30 Einwender und
Einwenderinnen mit Blickrichtung auf die erhöhte Bühne. Nicht alle Plätze sind dort
besetzt. Dahinter im ehemaligen Kirchenschiff die Stuhlreihen für die „Passagiere“,
die bei den öffentlichen Erörterungen mitgenommen werden möchten. Rederecht
haben sie nicht, wird von der Moderatorin klargestellt. Jeder der Plätze an den
Tischen, oben wie unten, ist mit einem Mikrofon ausgestattet. Wie überhaupt
alles Technische gut ausgestattet und im Ablauf gut organisiert ist.
Publikum. Ich habe den
Eindruck, dass mehr Menschen an den Tischen auf und vor der Bühne sitzen als auf
den Einzelsitzen im Zuschauerraum. Aber die Reihen füllen sich nach und nach weiter
mit vielleicht 100 bis 120 Personen. Hier und da entdecke ich Kommunal- und
Landespolitiker und Politikerinnen. Vor mir verfolgen die Wirtschaftsbeigeordnete
und der Baubeigeordnete der Stadt Magdeburg interessiert die Vorträge von den
Zuschauerrängen aus. Gefühlt bleiben ca. 200 Stühle im Zuschauerraum leer. Warum
ist das Interesse nicht größer? Sollte für die Magdeburger und Magdeburgerinnen
schon alles in trockenen Tüchern sein? Die Einwender und Einwenderinnen bekamen
keine Extra-Einladung, da der heutige Termin mehrfach öffentlich in der Zeitung
und im Amtsblatt ausgewiesen war. Andererseits ist ein Tagestermin, aus dem
auch zwei Tage werden könnten, für die arbeitenden Menschen schwierig
einzurichten. Ich freue mich über meine „privilegierte“ Situation, die mir die
Teilnahme ermöglicht.
Wasser. Gleich zu Beginn
geht es um die Wasserversorgung. Woher kommen die ca. sieben Millionen
Kubikmeter Wasser pro Jahr? Die Intel-Vertreter können sich bezüglich der
Wasserversorgungsproblematik formal zurücklehnen, da die Stadt Magdeburg in den
Verhandlungen die Versorgung mit geeignetem (Trink)Wasser vertraglich garantiert
hat. Der Rechtsanwalt und Intel-Redeführer weist auch darauf hin, dass deshalb
die Frage, woher das Wasser kommt, nicht Gegenstand dieses Genehmigungsverfahrens
ist. Das Verfahren ist im Übrigen (nur) eine Teilgenehmigung für den Bau der
Anlage. Später (2025, 2030?) wird noch eine weitere (Teil)Genehmigung für den
Betrieb der Anlage notwendig werden. Trotzdem wird von einem Vertreter der Gemeinde
Burgstall – nördlich von Magdeburg gelegen – eine weitere extreme Absenkung des
Grundwassers sehr befürchtet. Es wird in den Diskussionen deutlich, dass das in
einem Video https://youtu.be/GssEFGhRjjk?si=-_xKEhiRputtsclS
auf der Homepage der Stadt Magdeburg vorgestellte Konzept (kurz: Wasser aus der
Elbe über den Mittellandkanal in die Ohre zur weiteren Versickerung als
Grundwasser für das Wasserwerk in Colbitz leiten) noch nicht mit realen
Planungen und Konzepten unterlegt ist, es somit fraglich ist, ob es auch funktioniert
und in einem anderen Verfahren genehmigt werden muss.
Vom „pro Elbe e.V.“ wird
gefordert, dass eine Wasserentnahme aus der Elbe nur beim Wasserstand oberhalb
des mittleren Pegels erfolgen dürfe. Dass die Erhöhung der Fördermengen für die
Versorgung von Intel dem Niveau um 1990 entspricht und die derzeitige geplante
Entnahmemenge selbst bei niedrigem Elbpegel nur ca. 1% des Durchflusses
entspricht, ist für die Einwenderin nicht überzeugend. Auch wenn die TWM auf
ausreichende Wasserrechte aus „alten DDR-Zeiten“ verweist. Der Aspekt des seitdem
fortgeschrittenen Klimawandels und die weiteren Wasserentnahmen durch neue
Industrieanlagen entlang der Elbe bedeutet für die Einwender eine ungünstige
Perspektive für die Elbe und Grundwasser. Die Wasserprobleme werden nicht
kleiner. Aber, wie gesagt, strenggenommen ist das Thema „Wasser“ gar nicht
Gegenstand dieses hier verhandelten Genehmigungsverfahren.
Abwasser. Ich bin nicht
sicher, ob ich den Hinweis des Rechtsanwaltes und Intel-Redeführers richtig
verstanden habe, dass auch das Thema Abwasser nicht Gegenstand der beantragten
Genehmigung sei. Die Stadt Magdeburg oder die HTP-Sachsen-Anhalt bzw. die von
ihr beauftragte Gelsenwasser-AG hat die Aufgabe, das Problem zu lösen,
möglicherweise mit einem anderen Genehmigungsverfahren.
Übrigens: „Das ist nicht Gegenstand
dieses Genehmigungsverfahrens!“ und „Das Thema ist bislang hinreichend erörtert
und ich beziehe mich auf die bisherigen Stellungnahmen in diesem Verfahren!“, sind
die vom Intel-Wortführer an diesem Tag gebetsmühlenartig gebrauchten Sätze.
Aber dafür hatte er bei der Einführung schon um Nachsicht und Verständnis
gebeten, weil formal-juristisch notwendig.
Trotzdem stellt einer der Einwender
die Frage, ob die Vertreterin der Fa. Gelsenwasser, die auf die
Trinkwasser-Qualität am Abfluss der zukünftigen Kläranlage hinwies, das Wasser auch
selbst trinken würde. Darauf antwortet sie nicht. Es wird aber deutlich, dass
das „Trink-Abwasser“ nicht die ausreichende Qualität haben wird, um es wieder
dem Prozess der Reinstwasser-Aufbereitung für die Chip-Produktion zuzuführen. Schade,
das wäre ein wünschenswertes Wasser-Abwasser-Wasser-Kreislauf gewesen. Die
Frage der „pro Elbe e.V.“-Vertreterin nach PFAS, den so genannten
Ewigkeitschemikalien im Abwasser, wird wie andere Fragen und Hinweise vom
Landesverwaltungsamt im Rahmen der Genehmigungsprozedur zu Protokoll genommen
und im weiteren Verfahren von der Genehmigungsbehörde bewertet.
Nun geht es in eine 30-minütige
Mittagspause. Danach sind weniger Zuschauer zu sehen und auch einige Plätze bei
den Einwendern nicht mehr besetzt. Die Mittagssonne lässt die vor einigen
Jahren neu gestalteten Kirchenfenster im südlichen Seitenschiff der
Johanniskirche intensiv und farbig aufflammen.
Boden. Ein ausführlich
behandelter Diskussionspunkt ist der Bodenschutz. Die Vertreter vom BUND und von
einer Vereinigung zum Bodenschutz tragen ihre Bedenken engagiert und fachkundig
vor, sodass ich den sich entwickelnden Fachgesprächen zwischen Einwendern und
Vertretern des HTPs sowie der Stiftung Kulturlandschaft kaum folgen kann. Aber
es ist trotz unterschiedlicher Einschätzungen ein sachlicher und respektvoller
Umgang, wie es anfangs und auch zwischenzeitlich von den Personen auf der Bühne
gewünscht wurde. Beim Bodenabtrag gibt es anscheinend eine Aufgaben- und
Verantwortungsteilung zwischen der HTP und Intel, sodass beide für eine Lösung
in der Pflicht stehen. Es wird – ähnlich wie bei der Wasserfrage - deutlich,
dass das bisher in den Genehmigungsunterlagen dargestellte sehr pauschale und einfache
Konzept nicht greift und grundsätzliche Konzepte und Verfahren noch erarbeitet
werden müssen.
Mich überrascht, dass in der
ersten Ausbaustufe (mit zwei Chip-Fabs), entgegen vielen Befürchtungen nur ca.
15% der Fläche versiegelt werden sollen. Wie das bei insgesamt acht Chip-Fabs aussehen
wird, ist nicht Gegenstand dieses Genehmigungsverfahrens. Ich bin erstaunt, wie
komplex auch das Thema „Boden“ ist und wie viele Vorschriften und Gesetze
beachtet werden müssen, bevor der Boden transformiert werden darf. Die
Vertreter der HTP teilen mit, dass aktuell für über eine Million Kubikmeter
Boden Abnehmer in Aussicht stehen.
Da am heutigen Tag in der „Volksstimme“
berichtet wird, dass der Baustart um ein weiteres Jahr, jetzt auf 2025
verschoben wird, ergibt sich auch hier Möglichkeit, dass die Konzepte und
Planungen für die Entfernung der Schwarzerde nicht mehr mit der heißen Nadel gestrickt
werden müssen.
Naturschutz.
Intensiv wird die Diskussion noch einmal beim Arten- und Naturschutz, als
es um die gefährdeten Feldhamster- und Feldlerchenpopulationen geht. Ich habe
die Gelegenheit, auch zu diesem Thema einiges Neue zu lernen, auch die
Wichtigkeit zu erkennen, und warum dieses Thema nicht belächelt werden darf. In
einem FAZ-Artikel wird zwei Tage später unseriös getitelt werden, als ob versucht
würde, mit acht Feldhamstern eine 30-Milliarden Investition zu verhindern. Im
Gegenteil: Bei den Einwendern war von so einer Forderung überhaupt nicht die
Rede.
Abschluss. Es ist nicht einmal
16 Uhr und alle Punkte sind schon abgehandelt. Die Versammlung löst sich nach
vorsichtigem Beifall und Klopfen auf. Hier und da entstehen Grüppchen, die diskutieren.
Einige Medienvertreter machen noch Filmaufnahmen, interviewen Vertreterinnen
von Intel als auch Einwender. Es macht sich eine entspannte
Erleichterung, ein Aufatmen bei fast allen Beteiligten breit, wie das
abschließende, entlassende und entlastende Amen in der Kirche.
Eine Einwenderin ist nicht
zufrieden und sagt mir, dass sie sehr genau in das Protokoll schauen und
verfolgen wird, inwieweit ihre Einwendungen in dem weiteren Prozess
Niederschlag finden werden. Also ist möglicherweise die letzte Messe noch nicht
gesungen.
Mein Resümee. Ich habe
schon öffentlichen Erörterungen zu städtischen Bebauungsplänen beigewohnt, bei
denen es wesentlich lauter, hektischer und kontroverser zuging. Ich hätte es aber
passender gefunden, wenn man eine Anordnung gefunden hätte, bei der auch die
Einwender auf Augenhöhe gemeinsam mit den anderen Gruppen auf der Bühne positioniert
gewesen wären. Das umso mehr, weil auch die Einwender so genannte Verfahrensbeteiligte
sind, die Gruppe der „Infrastruktur“ formal nicht, wenn ich das richtig
verstanden habe.
In dem gesetzten Veranstaltungsrahmen
wurde themenbezogen vorstrukturiert, die Leitung der Veranstaltung war trotzdem
flexibel und offen. Es wurde immer wieder nach Wortmeldungen von den Einwendern
gefragt. Fast alle Einwender und Einwenderinnen gaben zu Protokoll, dass sie
dem Projekt prinzipiell positiv gegenüberstehen und nicht das Ziel haben, es zu
verhindern. Das trug insgesamt zur kooperativen Stimmung bei. Die Einwender und
Einwenderinnen sollten weiterhin mit ihren Argumenten ernstgenommen werden, denn
sie erwarten ein Überdenken von vielen bislang noch nicht ausgegorenen Details
des Vorhabens. Auch seitens der beteiligten Planer wurde deutlich, dass durch
die zeitliche Verschiebung des Baustartes die zusätzliche Zeit genutzt werden muss,
die Wasser- und Boden-Konzepte zu konkretisieren. Letztlich wird es darauf
ankommen, was die Genehmigungsbehörde, also das Landesverwaltungsamt
Sachsen-Anhalt, der Antragsstellerin mit ins „Gebetbuch“ schreibt.
Da es sich bei dem Antrag um
eine Teilgenehmigung handelt, werden weitere Genehmigungsverfahren im Kontext
der Intel-Ansiedlung folgen. Hat aber der erste große Genehmigungsschritt erstmal
den Segen, wird ein „Zurück“ immer schwieriger. Ist der „Point of no return“
schon erreicht? War das hier im Kirchenschiff die Kiellegung des großen
Dampfers „Intel-Ansiedlung“ oder schon der Stapellauf?
Man wird abwarten müssen, ob
die Einwände gegen das Genehmigungsverfahren letztlich zur Zufriedenheit der
Einwender Eingang in die Umsetzung finden oder ob hier Anlässe für spätere
gerichtliche Klärungen einen Ausgangspunkt haben. Ob die weitere Verzögerung des
Baustartes ausschließlich an der noch ausstehenden „Formalie“ der Subventionsgenehmigung
durch die EU liegt, wird sich erst bei tatsächlichem Baubeginn zeigen.
Thema verfehlt? War das
hier auch teilweise auch so? Ich bleibe verwirrt zurück, weil ich nach den Aussagen der Veranstaltungsleiterin und des
Intel-Vertreters nicht sicher bin, ob und welche der vorgebrachten Einwendungen
überhaupt für die Teilgenehmigung relevant sind. Vielleicht beichtet mir der
eine oder die andere, was tatsächlich relevant für das Verfahren war. Schließlich
leben wir hier doch nicht in Kafkas Welten, auch wenn Kafka-Jahr ist.
Mein Fahrrad finde ich allein zwischen den Anlehnungsbügeln wieder und ich werfe beim Wegfahren noch einmal einen Blick auf die Luther-Statue. „Gottes Wort mit uns in Ewigkeit“, lese ich noch einmal. Besser ewig das Wort Gottes im Ohr als Ewigkeitschemikalien im Wasser, tröste ich mich.
Was hat Stadtfeld-West (an der Schrote) mit Halle-Ost (an der Saale) zu tun?
Ich habe in den letzten Wochen
zwei spezielle Klassenräume kennengelernt, die unterschiedlicher kaum sein
können, aber doch etwas miteinander zu tun haben. Aber dazu später.
„Ottos grünes Klassenzimmer“
Anfang Mai traf ich Felix Bosdorf
und weitere Mitglieder der Initiative „Otto pflanzt!“ e. V. in „Ottos grünem
Klassenzimmer“. Ein ehemaliger Schulgarten in Stadtfeld West, zuletzt zu
DDR-Zeiten bewirtschaftet. Nach dem Eintritt durch das offene Gartentor: Links
und rechts wuchernde und schon voll im Saft stehende wild verwachsene Bäume und
Sträucher. Mir fällt spontan „Grüne Hölle“ ein. Diese Bezeichnung wäre umso
berechtigter, wenn man von den gepflegten Parkanlagen beiderseits der Schrote oder
von der nüchternen Harsdorfer Straße in dieses vergessene Gartenreich kommt.
Aber so möchte Felix das
schätzungsweise vier- bis fünftausend Quadratmeter große Areal zwischen
Schrote, Gartenparzellen des Kleingartenvereins „Eichelschanze“ und den Plätzen
des Tennisklubs „Germania“, nicht genannt hören. „Hölle“ könnte negativ
konnotiert sein, Kindern Angst machen, meint er. Was passt besser?, frage ich
ihn. „Paradies?“, ist seine Idee? Vielleicht sogar „Green Paradise?“, lege ich nach.
Nein, vom „Paradies“ möchte er doch Abstand nehmen. Also einigen wir uns auf „Grünes
Klassenzimmer“, sollen hier doch ab dem nächsten Schuljahr Schüler und
Schülerinnen der benachbarten Montessori-Schule mithelfen, diesen alten Garten zu
wecken, ihn zu beleben ‒ und dabei gleichzeitig etwas lernen.
Birgit Habenicht in Aktion |
Dafür wird im wahrsten Sinne des Wortes das (Lern)-Feld vorbereitet. Ich treffe auf Birgit Habenicht, Lehrerin im Ruhestand. Mit Arbeitshandschuhen, Schubkarre und Gartenschere ausgestattet, sucht sie Altholz und Baumschnitt zusammen, um damit ein Totholzbiotop anzureichern oder einen Flechtzaun weiterzubauen. Sie kann sich auch vorstellen, später im Garten dort die Kinder der Klassen eins bis vier im Garten zu betreuen. Von wegen Ruhestand! Später kommt Ralf Dounz-Weigt dazu, der dieses Areal entdeckt hat und über seine Verbindung zur Montessori-Schule den Lernort der besonderen Art anbieten möchte.
Flechtzaum um einen Apfelbaum |
„Otto pflanzt!“ hat sich noch viel mehr vorgenommen. Einige
der 242.000 Bäume, die der Verein auch als Stadtwald-Projekt anpflanzen möchte,
werden hier ihre Wurzeln schlagen, denn der alte Baumbestand soll durch junge Obstbäume
ergänzt werden. So werden die Kinder mit den Bäumen aufwachsen, Apfel-, Birnen-
und Beerensorten kennenlernen, eine Ahnung von dem Nutzen einer Streuobstwiese
bekommen und begreifen, dass Apfel nicht gleich Apfel ist. Und: Wie sieht ein
Johannisbeerstrauch aus? Was ist das für ein Kraut, warum gibt es mal mehr
weiße, mal gelbe und dann wieder viele rote Blüten?
Ist es nicht weltfremd, heutige
Stadtkinder mit Gartenthemen von TikTok, dem Fernsehen und anderen kommerziellen
Kids-Events weglocken zu wollen? Da sprechen die Erfahrungen eine andere
Sprache, berichtete mir Felix. Die Gartenwelt kann für Kinder ein
Abenteuerplatz sein, eine vertraute Wildnis, eine nützliche Ressource oder ein
Versteckspiel-Dorado. Gerade diese natürliche Vielfalt, die sich in den letzten
zwanzig, dreißig Jahren hier entwickelt hat, sei besser als viele
Social-Media-Klicks und Likes, wenn die Kinder das erstmal kennen- und
liebengelernt haben. Innerhalb von Schulprojekten habe die „Otto pflanzt!“-Crew
schon positive Erfahrungen gemacht, so dass neben Aktionen in der Schule die
Kinder sogar in der Freizeit ihren Eltern mit Begeisterung beim Bäumepflanzen geholfen
haben.
Unser Gespräch wird immer wieder
von lautem Motorengeräusch gestört. Eine Motorsense als mechanische Machete, um
Freiflächen für das grüne Klassenzimmer zu schaffen?, fährt mit durch den Kopf.
Brunnenloch mit Grundwasser |
Es ist eine Motorpumpe, stellt
sich heraus. Ein Mitarbeiter einer Brunnenfirma ist dabei, einen alten
Grundwasserbrunnen zu reaktivieren. Ein Rohr steckt senkrecht in der Erde,
einen halben Meter über und fünf, sechs Meter tief in der Erde. Tatsächlich, in
circa 1,8 Meter Tiefe ist der Wasserspiegel zu erkennen. Der Brunnen ist
ergiebig, das Wasser aus dem Pumpenschlauch wird gleich in große Tanks gefüllt,
für trockene Zeiten. Felix, Birgit und Ralf stehen zusammen, ihre Freizeit- und
Arbeitskleidung lässt sie zupackend aussehen. Sie freuen sich, dass der Brunnen
funktioniert und so der Garten auch in Zukunft bewässert werden kann. Wie es im
Sommer aussehen wird, bleibt allerdings fraglich. Die benachbarte Schrote war
in den letzten Jahren im Hochsommer immer wieder trockengefallen. Das war, wie
Felix es aus den Erzählungen seines Vaters kennt, seit 1968 bis Anfang der
2000er-Jahre nur einmal vorgekommen, aber in den Jahren danach schon dreimal, was
auf einen heute deutlich niedrigeren Grundwasserstand hindeutet. Aber
vielleicht genügen die fünf Meter Brunnentiefe, auch wenn die Ergiebigkeit
geringer sein wird.
Felix
Bosdorf - Birgit Habenicht - Mitarbeiter der Pumpenfirma -Ralf Dounz-Weigt |
Apropos Wasser. Ich hatte Felix bei
meiner Lesung mit Gespräch zu meinem Intel-Blog am Tag vorher in der
Stadtbibliothek kennengelernt, bei dem auch ein Gewässerbiologe als Fachmann
zugegen war. Felix fiel mir zu dem umstrittenen Thema „Intel und der Wasserverbrauch“
als engagierter Disputant auf. Ich erinnere mich, dass der Biologe vom Helmholtz-Institut
es nicht sehr kritisch sah, wenn das Wasser als Uferfiltrat der Elbe entnommen
würde, denn der Schutz des Grundwassers sei von viel elementarer Bedeutung. Das
könnte doch eine praktische Unterrichtseinheit im grünen Klassenzimmer werden,
rege ich an.
Baumkunst der Crew "Fruchtschnitten" (Obstbaumbeschneider) |
Im weiteren Gespräch wird deutlich,
dass es sich bei dem Verein „Otto pflanzt!“ nicht um naive Gartentraumwandler handelt,
sondern dass sie auch konstruktiv auf das Thema Technik und Natur eingehen.
Wenn es sich abzeichnet, dass das Intel-Projekt im Sinne der Magdeburger
Realität wird, dann wollen sie als Verein mithelfen, für die Natur und ihre
Ressourcen das Beste daraus zu machen. Dies feststellend, gibt Felix gleich ein
Beispiel: „Wir sind keine Technikverweigerer, sondern setzen mit den Kindern auch
mal die Handy-App „Flora Incognita“ oder andere Apps mit KI-Funktionen ein, um
Pflanzen zu identifizieren, um mehr über sie zu erfahren. Aber etwas exotisch
wirkt für mich die Verstellung doch: Ein Handy mit KI-App in dieser grünen Naturvielfalt.
Bei meiner Recherche zu diesem Beitrag schaute ich mir auf der Webseite https://www.ad-magazin.de/artikel/pflanzen-apps noch andere Pflanzenerkennungs-Apps an, und, Zufall oder KI-Algorithmus, es poppte prompt eine Web-Anzeige von Intel mit www.jobs.intel.com.germany auf.
„Classroom for the future“
Intel. Ich erinnere mich an eine
Parallelwelt zu „Ottos grünem Klassenzimmer“, an meine Teilnahme an der
feierlichen Eröffnung des „CLASSROOM OF THE FUTURE“ am 19. April 2024. Was gibt
es da im Rückblick als grüne Brücke?
Ein amerikanisches
Gemeinschaftsprojekt von Intel und seinem größten Kunden DELL im
sachsen-anhaltischen Halle an der Saale. Der überfüllte große Veranstaltungsraum,
vereinzelt von abgestandenen Gummibaum-Monokulturen flankiert. Dagegen dominierte
bei den Ehrengästen, den Rednern und der Rednerin formaler Business-Dress. In
den hinteren, gut besetzten Reihen und auf den Stehplätzen, augenscheinlich
Teile der DELL-Belegschaft, überwog der Casual-Friday-Dresscode.
Veranstaltungsraum mit Gummibaumgrün |
Durch ein Labyrinth von langen kahlen Fluren, ein nüchternes Treppenhaus und zu querenden Großraumbüros gelangte man nach dem offiziellen Teil zum „CLASSROOM OF THE FUTURE“. Es scheiterte der Versuch, die ca. 250 Personen aus dem Veranstaltungsraum in diesem ca. sechs mal zehn Meter großen Raum unterzubringen. Das Gedränge groß, so viele Menschen und Technik in einen Raum beeindruckend. Mehr „ging“ nicht. Schüler- oder Lehrerschwemme?
Hochbetrieb in der Zukunft des Klassenzimmers |
Mittendrin Präsident und Minister, die sich von
einer jungen Intel-DELL-Crew – dem „Team Wonderful“, wie auf den T-Shirts zu
lesen war – zeigen ließ, was man schon gelernt hatte. Auf den Fotos, die ich gemacht
habe, konnte ich später tatsächlich im Hintergrund die grünen Spitzen von ein
paar Yucca-Büro-Palmen entdecken. Ich lernte, dass es kein Klassenraum für
Schüler und Schülerinnen ist, sondern für Lehrer und Lehrerinnen. Sie sollen die
Vielfalt des IT-Angebotes – alles im minimalistischen Design, in vornehmen Anthrazit-
und matten Silbertönen – und dessen Einsatz und Möglichkeiten im späteren Unterricht
in DELL-Seminaren kennen lernen. Also: „Train the trainer“, um mit deren Unterstützung
die Hard- und Softwarekomponenten in möglichst viele „CLASSROOMs OF THE FUTURE“,
in die „Fläche“ zu bringen.
Team "Wonderfull" im "CLASSROOM FOR THE FUTURE" |
Der Kreis schließt sich zum
Kreislauf
Kehren wir gedanklich wieder
zurück nach Magdeburg, ins Stadtfeld, in Ottos grünes Klassenzimmer, zum
Wasser, zum Grundwasser. Felix sprach davon, dass „Otto pflanzt!“ sich auf einen
Aufruf von Intel hin beworben hat. Da sollten Vorschläge gemacht werden, wie
Intel seine Wasserbilanz insgesamt so verbessern könnte, dass unterm Strich
mehr Wasser dabei herauskommt als der Natur durch die Intel-Werke entzogen
wird. Intel möchte bis 2030 „wasserpositiv“ werden, so ist das Ziel bestimmt. Es
gab dazu eine Intel-Video-Call-Runde, an denen neben „Otto pflanzt!“ circa 30 Gruppen,
NGOs und Initiativen aus ganz Deutschland beteiligt waren. Da wurden verschiedene
Projektideen vorgestellt. Dabei ging es, wenn ich es richtig verstanden habe,
um Kompensationsmaßnahmen – ähnlich, wie man durch Zertifikate seine CO₂-Bilanz
verbessern kann – wie man mit (finanzieller?) Unterstützung von Intel Wasserreservoirs
retten, schützen oder ausbauen kann. Intel möchte auch mit lokalen Initiativen
zusammenarbeiten, die zum Beispiel dazu beitragen, den Grundwasserspiegel zu erhöhen.
Der Vorschlag von „Otto pflanzt!“ war, so erinnert sich Felix, mit Bäumen und
Wäldern positiv auf die Wasserbilanz in der Region einzuwirken. Was aus der
Zusammenarbeit mit Intel wird, ist noch nicht klar. Das Auswahlverfahren der
Projekte läuft noch.Felix am Grundwasserbrunnen
Wer weiß, vielleicht werden die heutigen
Kinder in „Ottos grünem Klassenzimmer“ durch die dortige Natur sensibilisiert, bringen
mehr Grün in die „CLASSROOMs OF THE FUTURE“, um dann durch KI motiviert, anschließend
ein Studium der Biologie oder Sustainable Resources oder Advanced
Semiconductor Nanotechnologies zu absolvieren. Und werden später Intel-Mitarbeiterinnen
oder Mitarbeiter. Und wenn sie in zwanzig, dreißig Jahren im Hochsommer, nach
Feierabend von Intel kommend, entlang der Schrote zurück in ihr Stadtfeld
fahren, Felix im grünen Klassenzimmer zuwinken und feststellen, dass die
Schrote trotz längerer Trockenheit auf natürliche Weise doch noch immer Wasser
führt, dann haben sie (wir?) vielleicht vieles richtig gemacht.
Für mich bleibt die Frage: Wer braucht wen mehr? „Otto pflanzt!“ Intel? Oder Intel „Otto pflanzt!“?
Transformation – der erste Schritt wird sichtbar
„Wie man so hört“, sagt man, soll der erste
Spatenstich auf dem Bördeacker für die Intel-Ansiedlung in einigen Monaten mit
einem großen Event zelebriert werden. So steht auf diesem Stück Land der
nächste, erstmals klar sichtbare Transformationsschritt bevor.
Magdeburg, „Stadt der Verwaltung und Wissenschaft“, erweitert sich auf dem Bördeacker zu einem großen Hightech-Produktionsstandort. So verdrängt dort künftig der KI-Protagonist Intel die heutige Agrarindustrie, wo bis vor siebzig, achtzig Jahren die Bauern in kleinteiliger Landwirtschaft noch nach Bauernregeln und dem Hundertjährigen-Kalender gelebt haben.
Symbolbild Spatenstich - Bild: Herbert Beesten und KI |
Bauernregeln und KI – geht das zusammen?
Die Bauernregeln für das Wetter, von dem die
Landwirtschaft besonders abhängig war, basieren auf Beobachtungen über viele
Generationen hinweg. Im März, dem Übergang vom Winter in die Vegetationsphase, in
die Zeit des Säens, weisen erfahrungsgemäß bestimmte Wetterphänomene auf die
Wetter- und Klimabedingungen bis in den Herbst, die Erntezeit, hin.
Für Wetterprognosen wird in Forschungsprojekten auch
mit KI experimentiert. Beide, KI und die Bauernregeln, basieren auf vielen
Informationen. In einem Fall auf jahrhundertlanger Beobachtung der bäuerlichen
Landbevölkerung, im anderen auf Hunderten, vielleicht auch auf Tausenden
Gigabyte Daten aus Wetter- und Klimamodellen. Das eine basiert auf neuronalen Netzen
im menschlichen Gehirn, das andere auf künstlichen, mit Software nachempfundenen
neuronalen Netzen.
Was liegt also näher, als mit Bauernregeln auf das bislang
landwirtschaftlich, aber zukünftig von einem der weltweit größten
KI-Protagonisten genutzte Areal zu schauen und auch Bauernregeln einem
Transformationsprozess zu unterziehen?
Damit man früher die Wetterbeobachtung an bestimmten
„Stichtagen“ nicht verpasste, wurden Namenstage – also Tage im kirchlichen Kalender,
an denen bestimmte Heilige besonders verehrt wurden – als „Trigger“ verwendet. Man
brachte die Namen der Heiligen oft in Reimform mit den Wetterereignissen zusammen.
So konnte man sie sich besser einprägen.
März-Events und Weichenstellung
So habe ich meine Märzbeobachtungen in Sachen Intel, anders
als in meinem Beitrag aus dem März 2023 (Aufwärtskompatibel?
Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 008 Im Märzen der Bauer … ein
Fließtext aus 2023 (herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com), mit Bauernregeln zusammenzubringen versucht ,
um daraus eine Prognose für den weiteren Verlauf der Intel-Ansiedlung abzuleiten.
Am 13. März 2024 fand der „Zukunftstag BVMW“, also des
Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft, in der Magdeburger Johannis-Kirche
statt. Ein Bekannter, der daran teilgenommen hat, berichtete mir:
Bild: BVMW - LinkedIn-Seite |
Es wurde diskutiert, inwieweit die
mittelständische Wirtschaft in der Magdeburger Region vor allem bei der
Fachkräftebeschaffung gegenüber Intel das Nachsehen haben könnte. Der Vorsitzende
des BVMW, Christoph Ahlhaus, die Magdeburger Wirtschaftsbeigeordnete Sandra-Yvonne
Stieger und der Direktor der Arbeitsagentur Magdeburg, Matthias Kaschte,
zeigten Perspektiven auf, wie Fachkräftebeschaffung nebeneinander möglich sein kann,
wobei sie auch unabhängig von der Intel-Ansiedlung schwieriger werden wird. Es
wird ein stärkerer Wettbewerb um Fachkräfte entstehen, dem sich auch die
mittelständische Wirtschaft stellen muss. Es wurde deutlich, dass Intel
überregional und international Ausschau hält. Unter Bauern könnte man sagen: „Das
Gras beim Nachbarn ist immer grüner.“
Vom 11. bis zum 15. März veranstaltete die Microtec Academy in
der Handwerkskammer Magdeburg das Seminarprogramm „Einführung in die
Fertigungs- und Prozesstechnologien der Halbleitertechnik“. Das war zugleich
die Einstiegsveranstaltung der Uni Magdeburg in die überregionale und überbetriebliche
Berufsbildungsakademie, speziell für die Mikro- und Nanotechnologien. Ich konnte
am 14. März einen interessanten, auf Deutsch gehaltenen Vortrag, der
Intel-Mitarbeiter Werner Ertle und Peter Baumgartner mit dem Titel „The world
of semiconductor“ verfolgen. Die Überschrift hörte sich zwar allgemein an, es war
aber keine Marketingveranstaltung, sondern es wurden realistisch (man war unter
Fachleuten) viele Details erläutert, und man verwies auf die hohen Ansprüche,
Möglichkeiten, aber auch Grenzen und Probleme der Halbleiterfertigung. Zum Teil
auch mit Bezug auf die Pläne für Magdeburg. Natürlich wurde das Moore’sche
Gesetz als „Chip-Bauer-Regel“ zitiert, aber Gordon Moore (noch) nicht in den
Himmel gehoben.
In der Pause traf ich Giulia Bolognesi
(Aufwärtskompatibel?
Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 043 Giulia und Latte
macchiato am Hassel, EDTA bei Intel
(herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com) und auch Jörg Vierhaus (Aufwärtskompatibel?
Neue Industriekultur in Magdeburg durch Intel?: # 026 Artikel über Partikel aus
der Grauzone im September 2023
(herbert-karl-von-beesten-intel-blog.blogspot.com) wieder.
Beim Lunch am Stehtisch waren, neben
Peter Baumgartner von Intel, ein weiterer Referent des Seminars, Gerfried
Zwicker, vom Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe, sowie zwei
junge Frauen aus süddeutschen Chip-Zulieferbetrieben meine Gesprächspartner.
Meine spontane Frage an eine der jungen Damen, ob sie sich demnächst einen Job
bei Intel in Magdeburg vorstellen könnte, beantwortet sie freiweg mit: „Auf
jeden Fall!“ Gerfried Zwicker konnte ich mit der Vermittlung eines Kontaktes zu
einer Human-Resources-Ansprechpartnerin bei Intel helfen, weil er einen taiwanesischen
Doktoranden betreut, der einen Job in der Halbleiterindustrie sucht. Ich wies
auch auf die aktuellen und sich in letzter Zeit häufenden Stellenanzeigen bei
LinkedIn und XING hin, mit denen Intel Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weltweit
schon jetzt für den Standort Magdeburg gesucht werden. Die strategische Personalsuche
für Magdeburg setzt bei Intel also schon frühzeitig ein.
Die Bauernregel am 15. März, am Ende der Veranstaltung: „Lukretia feucht,
Kornsäcke leicht.“ Da das Wetter an diesem Tag sonnig und trocken war, müssten
also perspektivisch die Säcke der Chip-Bauer schwer werden.
Am 22. April 2024 endet*) die öffentliche Auslege- und Einspruchsfrist zum Intel-Bauvorhaben „Errichtung
einer Halbleiterfabrik“. Für den 21. März lautet die Bauernregel: „Soll das
Korn gar üppig stehen, soll man es an St. Benedikt säen.“ Dann schauen wir
doch mal, wie die Saat am 29. Mai 2024 bei der öffentlichen Verhandlung von
Einsprüchen in der Magdeburger Johannis-Kirche aufgeht. Auch hier hilft eine
Bauernregel: „Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun und Fass.“ Ja,
Wasser ist wichtig!
Eine Regel für den Chip-Bauer könnte heißen: „Sind
der Einsprüche nicht zu viel, so ist dann Intel bald am Ziel.“
„Kann das Projekt noch scheitern?“, fragte eine
ältere Dame aus dem Publikum. Wenn das geschähe, dann wäre Magdeburg als großer
Industrieproduktionsstandort auf Jahrzehnte „verbrannt“. Von der Erwartung, dass
Magdeburg einmal 300.000 Einwohner haben könnte, müsste man sich dann verabschieden,
meinte der Rektor.
Welches Werkzeug ist das richtige für den
ersten Spatenstich?
Der erste Spatenstich für die Intel-Ansiedlung sollte
natürlich stilvoll, dem Bördeacker angemessen, mit einem Rübenspaten oder.
einem Rübenheber vollzogen werden. Das ist ein spezielles Werkzeug, mit dem
früher die Bauern in der Börde die Zuckerrüben einzeln aus dem Boden heben
konnte. Diese Werkzeuge gab es für Rechts-, Links- oder Beidfüßler, so dass
sich die Politiker und Politikerinnen die richtigen Rübenspaten entsprechend
ihren politischen Orientierungen aussuchen könnten.
Rübenspaten und Rübenheber - www.alltagskulturen.lvr.de |
Wann ist der richtige Zeitpunkt für
den ersten Spatenstich?
Mit meiner Chip-Bauer-Regel nach vorn
schauen: „Sind Magdeburg und Umland im April und Mai sich einig, wird der
Weg zur Silicon-Börde nicht weit, nicht steinig.“
Die Lösung in zwei Schritten: Mittels
KI sollte eine Wetterprognose für den Juni erstellt werden und in einem zweiten
Schritt sollte das mit Bauernregeln korreliert werden.
Alte Bauernregeln für den Juni
St.Basilius - Bild: Wikipedia |
Basilius
(330 - 379) auch „der Königliche oder der Große“ genannt, ist ein wichtiger
Heiliger und hat auch zu seiner Zeit Transformationsprozesse vorangetrieben
(siehe auch Basilius
der Große – Wikipedia). Damit ist er ein guter Patron für diesen Tag.
Neue Chip-Bauer-Regeln zum
Basilius-Tag
Alles konzentriert sich auf die Zeit
um den Basilius-Tag, also den 14. Juni. So möchte ich, damit alles gut läuft, für
diesen Tag einige neue innovative Chip-Bauern-Regeln zur Auswahl stellen:
·
Regnet‘s auf Basilius,
wird‘s für den Chip-Bauer ein Genuss.
·
Ist‘s Wetter auch
beim Spatenstich rau, stört‘s nicht den Semiconductor-Bau.
·
Scheint zu
Basilius die Sonne auf den Spaten, kann der Chip-Bauer durchstarten.
·
Bringt zu Basilius
Olaf Millionius zum Pat-Paulinius,
Bördebezwinger Gelsinger,
wird zum Chip-Fab-Bringer.
·
Der Landesvater
Reiner, präsidial wie keiner
hält Reden, groß
wie Basilius,
schippt
Bördeboden, mit Genuss,
lässt sich loben,
preisen, schlägt im Boden Schneisen.
·
Erster
Spatenstich bei Strich-Regen? Werter Basilius, bring trotzdem Chip-Segen!
Vielleicht wird noch später im
Hundertjährigen Intel-Kalender der Spatenstichtag nur rot angestrichen? Denn
bis zu einem St.-Gelsinger-Day oder einen St.-Simone- oder gar einem St. Olaf-Tag
– das ist ein weiter und harter Weg. Und wer will in Zeiten des Klimawandels
schon wetterprognostische Regeln aufstellen?
Obwohl… wenn das von Pat Gelsinger
formulierte Ziel, dass die Intel Corporation weltverändernde Technologien
entwickelt, um das Leben aller Menschen auf dem Planeten zu verbessern,
erreicht wird, dann wird er sich der Aufnahme in höhere Sphären wohl kaum
entziehen können.
*) Am 6.4.24 korrigiert: Irrtümlich stand hier der 22. März 2024